Philippe Cousteau: In 30 bis 40 Jahren könnte die Arktis eisfrei sein

Philippe Cousteau (32) macht es wie sein berühmter Großvater — er erforscht die Welt per Kamera.

London. Eine Geburtsurkunde allein reicht Philippe Cousteau (32) nicht, um sich in der Tradition seiner berühmten Vorväter zu sehen. Der Enkel des legendären Naturfilmers Jacques Cousteau reist längst selbst durch die Welt — und dreht unter Extrembedingungen. Für CNN hat Cousteau Jr. jetzt den Klimawandel in der Arktis dokumentiert.

Herr Cousteau, wie haben Sie sich auf Ihre Expedition ins Eis vorbereitet?

Philippe Cousteau: Wir haben erst einige Tage in Resolute verbracht, einem der nördlichsten Dörfer der Welt. Dort haben wir trainiert, die Kälte auszuhalten und unsere Körperwärme zu regulieren. Aber bei solchen Reisen können Sie sich nicht gegen alles wappnen. Wir haben danach unsere Zelte für neun Tage fernab der Zivilisation auf dem Eis aufgeschlagen. Wenn Sie sich dort verletzten, gibt es keine Garantie, dass Sie lebend ein Krankenhaus erreichen.

Wie arbeitet man bei -50 Grad?

Cousteau: Gelandet sind wir mit Ski-Kufen unter dem Flugzeug. Wir hatten Hunde dabei, darunter einen, der abgerichtet war, uns vor Eisbären zu warnen. In einem beheizten Zelt, in dem es immerhin null Grad war, konnten wir uns mit Baby-Feuchttüchern waschen. Duschen funktioniert ja nicht: Wenn Sie warmes Wasser in diesen Temperaturen fließen lassen wollen, verpufft es zu Dampf. Warmer Kaffee gefriert, bevor er es in die Tasse schafft. Vor der Kamera musste ich dann meinen Gesichtsschutz abnehmen — und einige Frostbeulen kassieren.

Was wollen Sie mit Ihrer Arktis-Reportage zeigen?

Cousteau: Die Arktis ist faszinierend, weil sie die Klimaanlage für den gesamten Globus ist. Das heißt aber auch, dass wir die dramatischen Konsequenzen des Klimawandels dort leider deutlicher sehen als anderswo. Sieben Jahre hintereinander hat es dort Rekordschmelzen im Eis gegeben. In 30 bis 40 Jahren könnte die Arktis eisfrei sein. Das wird für unser Wetter, für die Industrie und Menschheit mehr als unerfreulich. Trotzdem investieren die Regierungen immer noch mehr in die Raumfahrt als in die Arktis auf diesem Planeten. Dabei ist die Frage, ob es Wasser auf dem Mars gibt, erst einmal nicht relevant für uns.

Warum soll man sich die Reportage anschauen, wenn man bereits mit den Fakten des Klimawandels vertraut ist?

Cousteau: Weil unser Trip ein außergewöhnliches Abenteuer war! Uns geht es nicht nur um gute Informationen, sondern um eine packende Story.

Typisch Cousteau?

Cousteau: Natürlich haben mein Opa und mein Vater großen Einfluss auf mich. Sie waren tolle Erzähler, weil sie das Abenteuer gesucht haben. Mein Großvater Jacques hat vielleicht das größte Abenteuer der Welt erlebt. Das Meer hat sich in der Zwischenzeit aber leider so verändert, wie er es sich niemals hätte vorstellen können. Ich bin mir sicher, dass auch er heute Geschichten über die Arktis erzählen würde und bin froh, mit meiner Stimme zum „Chor Cousteau“ beitragen zu können.

Sie waren dabei, als der australische Naturfilmer Steve Irving von einem Stachelrochen getötet wurde. Ihr Vater ist ebenfalls jung bei einer Expedition gestorben. Warum suchen Sie trotzdem das Extreme?

Cousteau: Sie haben recht: All das war tragisch. Steve, aber auch mein Vater, haben das größte Opfer gebracht für eine sehr, sehr wichtige Sache. Wir müssen verstehen, wie dieser Planet funktioniert, um ihn zu bewahren. Die Unglücksfälle machen mich deshalb nicht ängstlich. Im Gegenteil: Sie geben mir ein noch größeres Gefühl von Dringlichkeit.

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