Ministerin Rachida Dati: Super-Weib empört Frankreich

Die französische Justizministerin Rachida Dati war fünf Tage nach der Geburt ihres Kindes wieder im Amt. Nun fürchten Frauen um den Mutterschutz.

Paris. Die Kaiserschnitt-Geburt ihrer Tochter war erst fünf Tage her, da war Frankreichs Justizministerium Rachida Dati schon wieder im Amt. "Ich hätte genauso gehandelt und die Zähne zusammengebissen", sagte Ségolène Royal. Auch die sozialistische Politikerin war nach der Geburt ihres vierten Kindes bereits eine Woche später wieder an ihrem Minister-Schreibtisch im Umweltministerium erschienen.

Dass Dati noch etwas schneller war und auch den Kaiserschnitt zumindest äußerlich wegsteckte, als handele es sich um kaum mehr als einen Friseurtermin, löst im Land heftige Kontroversen aus. "Wird Mutterschaftsurlaub zum Luxus?", sorgte sich die Pariser Zeitung "Le Monde" um den zweifelhaften Vorbildcharakter der Ministerin.

Diese war nach ihrer Entlassung aus der privaten Geburtsklinik in Kostüm und gefährlich hohen Stöckelschuhen schnurstracks zur Ministerrunde in den Elysée-Palast gerauscht.

Vor allem Frankreichs Feministinnen prügeln auf die 43-jährige Jung-Mutter ein. Dati sei vom "Adrenalin der Macht gedopt", hieß es. Die Frauenrechtlerin Florence Montreynaud, selbst Mutter von vier Kindern, hielt Dati vor, aus Machtgier die "monströse Ausbeutung der Arbeiterinnen in den 20 Jahren" zu wiederholen, als jede fünfte Frau an ihrem Fabrik-Arbeitsplatz entbunden habe.

In Internetforen fürchten Durchschnittsmütter, mit dem "Super-Weib" Dati verglichen zu werden und als "Waschlappen" dazustehen, wenn sie auf post-geburtliche Erholung pochen. 16 Wochen - sechs vor und zehn nach der Geburt - beträgt in Frankreich der gesetzlich verankerte Mutterschutz.

Datis Beispiel liefere den Arbeitgebern Argumente, diese Rechte in Frage zu stellen, wetterte Maya Surduts vom "Kollektiv für die Rechte der Frauen". Dieser Trend greift offenbar um sich. "In den Unternehmen gibt es die Tendenz, den Mutterschaftsurlaub zu stigmatisieren", sagte Pascale Levet von der nationalen Behörde zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

Armelle Carminati, Personalchefin eines Großunternehmens und dreifache Mutter, kann das nur bestätigen. Nach dem ersten Kind setzte sie vier Monate aus und wurde danach ausgegrenzt. Beim nächsten Kind blieb sie ihrem Büro nur noch sechs Tage fern.

Staatssekretärin Valerie Pecresse, selbst dreifache Mutter, schlug vor, dass künftig ranghohen Politikerinnen nach einer Geburt gesetzlich zu einer längeren Pause verpflichtet werden sollten, um "unmenschliche Entscheidungen zu vermeiden".

Ségolène Royal wies Präsident Nicolas Sarkozy alle Verantwortung dafür zu, dass sich Dati holterdiepolter wieder dienstfähig gemeldet hat. "Welche Wahl hatte sie, wenn der Präsident eine bedeutende Justizreform ankündigt, während seine Ministerin gerade entbunden hat?", meinte sie. "Er radiert sie aus."

Da ist etwas dran. Dati, einst der Liebling Sarkozys, ist am präsidialen Hof wegen ihrer modischen Exzesse und einer eher chaotischen Amtsführung längst in Ungnade gefallen. Sie muss fürchten, bei der nächsten Kabinettsumbildung auf einen weniger exponierten Posten abgeschoben zu werden. Das mag mit ein Grund für ihre Eile gewesen sein. Auch für Ministerinnen mit Nachwuchs gibt es nun mal keinen Kündigungsschutz.

In diesem Fall, tröstete "Le Monde" schon vorab, hätte Dati immerhin mehr Zeit für ihre kleine Zohra. Und weil sie aus deren Vater weiter ein Geheimnis macht, regte das Blatt gleich noch an, dass auch dieser unbekannte Monsieur seine 15 Tage Vaterschaftsurlaub nimmt: "Das wäre dann wirklich modern."

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