Michelle Obama: Mode-Ikone mit sozialer Ader

Porträt: Michelle Obama definiert die Rolle der First Lady neu: Sie zeigt sich auf dem Titel der „Vogue“ und in Armenküchen.

Washington. Gut sechs Wochen nach dem Amtsantritt von Barack Obama hat nicht nur der erste afro-amerikanische Präsident dem höchsten Amt im Lande seinen Stempel aufgedrückt. Auch seine Frau Michelle zieht die Amerikaner in ihren Bann. Selbstbewusst, sozial engagiert und zugleich glamourös hat die 45-Jährige ihren Platz gefunden. Sie will das Weiße Haus "dem Volk näher bringen", ohne auf jenen Glanz und Ruhm zu verzichten, die mit der Rolle der First Lady untrennbar verbunden sind.

Dass dem neuen Präsidenten die Arbeit bis zum Hals stehen würde, war vom ersten Tag an klar. Sicher erschien auch, dass die sportliche Juristin nicht auftreten würde wie eine biedere Ja-Sagerin im Stile von Laura Bush, die immer im Hintergrund blieb. Aber würde sie vielleicht wie Hillary Clinton und Eleanor Roosevelt eine Art "Co-Präsidentin"? Oder wäre sie wie Jackie Kennedy eine "Chefhostess der Nation"?

Weder noch. Michelle Obama hat schon jetzt bewiesen, dass sie die Rolle der ersten Dame des Landes neu definiert. Sie besucht öffentliche Schulen, vorwiegend in ärmeren Gegenden, setzt sich ins Klassenzimmer und spricht mit jungen Menschen über Themen, die ihr am Herz liegen: die Bedeutung von Familie, gutem Charakter, Ehrlichkeit und einer guten Ausbildung. Dies seien die Dinge, die im Leben zum Erfolg führen, nicht Ruhm oder der Drang nach schnellem Geld.

Sie lädt Kinder auch ins Weiße Haus ein. Anlässlich des "Black History Month", in dem Afro-Amerikaner ihre historischen Errungenschaften feiern, kamen gleich einige hundert Schüler in die neue Obama-Residenz an der Pennsylvania Avenue, um mit der First Lady zu plaudern und die prominenteste Adresse im Lande zu besichtigen. Immer wieder wird dieselbe Botschaft vermittelt: "Wir leben und arbeiten zwar hier. Doch es ist weder Baracks Haus noch mein Haus. Es gehört Euch, es ist das Haus des Volkes."

Am vergangenen Donnerstag tauchte sie überraschend in einer Armenküche in Washington auf und gab mit umgebundener Schürze die Mahlzeiten an etwa 50 Obdachlose aus. "Von Zeit zu Zeit braucht jeder jemandem, der einem die Hand hält", sagte Michelle Obama während ihres Besuchs.

Die ausgeprägte soziale Ader hält Michelle aber nicht davon ab, dem "Amt" der First Lady ein elegantes Flair zu verpassen. Sie ist nun die meistfotografierte Frau Amerikas, zuletzt setzte sie die Starfotografin Annie Leibowitz für das März-Cover der Modezeitschrift "Vogue" ins rechte Licht. In Talkshows ist sie ein gefragter Gast, wo sie Fragen zur großen Politik aber konsequent aus dem Weg geht. Stattdessen lenkt sie das Gespräch auf die Familie, gibt auch Persönliches preis. Kopfzerbrechen bereitet ihr etwa, dass sie mit ihrem Mann wohl nicht mehr jeden Freitag ein Dinner zu zweit bei Kerzenlicht haben kann.

Dafür gönnt sie sich einen anderen Luxus: Im Weißen Haus will Michelle die eine oder andere Fete steigen lassen, vor dem Hintergrund der tiefen Wirtschaftskrise allerdings nicht zu opulent. Die Musiker Stevie Wonder, Tony Bennett und Paul Simon waren jedenfalls schon zu einem kleinen Konzert da.

Sie verspricht, sich intensiv für berufstätige Mütter einzusetzen. Mit ihnen kann sich Michelle, die als Anwältin Karriere machte und parallel dazu zwei Kinder bekam, besonders gut identifizieren. Sie will keine Jackie Kennedy und keine Eleanor Roosevelt sein, selbst wenn ihr das Flair der JFK-Gattin ebenso anhaftet wie das Sozialbewusstsein der politisch aktiven Roosevelt. Michelle Obama geht ihren eigenen Weg - genau wie Ehemann Barack im Präsidentenamt.

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