Michael Harzbecker: Der Schlangenfänger von Düsseldorf

Porträt: Michael Harzbecker leitet den Reptiliendienst – bundesweit die einzige Exoten-Einheit einer Feuerwehr.

Düsseldorf. Michael Harzbecker greift zu, wenn andere wie "Kaninchen vor der Schlange" stehen: Der Schlangenfänger leitet den Reptiliendienst der Feuerwehr Düsseldorf. Sorgt eine Schlange für Tumult, weil sie sich in einem Hauskeller verkrochen, auf einem Balkon oder mitten auf einer Wiese neben Wohnmobilen eingerollt hat, eilt der 37-Jährige oder einer seiner fünf Kollegen zur Hilfe.

Hochkonzentriert begibt sich Harzbecker auf Schlangenfang, sonst kann es gefährlich werden. Der Fachmann trägt keinen Schutzanzug. Als Werkzeug dient ihm nur ein Haken und die bloße Hand, mit der er das Tier packt. "Der Griff muss perfekt sitzen. Bloß nicht zu weit hinter dem Kopf, sonst dreht sich die Schlange um und beißt." Immerhin schnellen die Kriechtiere mit einer Geschwindigkeit von bis zu 40 Meter pro Sekunde zum Biss nach vorn.

Giftig oder nicht? Wenn der Experte die Gattung nicht aus der Ferne bestimmen kann, muss er der Schlange das Maul öffnen: "An die Zähne muss ich ran, um zu sehen, ob die Art giftig ist." Zu einem seiner gefährlichsten Giftschlangen-Einsätze wurde er 2007 gerufen: "Klapperschlangen in einem Düsseldorfer Keller." Der Schweiß habe ihm auf der Stirn gestanden. "Als ich die Kellertür öffnete, hörte ich gleich ihr drohendes Rasseln." Erst nach zwei Stunden hatte er die beiden 1,30 Meter langen Tiere im Sack.

Aber wirklich gefährliche Einsätze sind selten. Hat er ein einheimisches und damit ungiftiges Exemplar gefangen, setzt Harzbecker es oft an anderer Stelle wieder aus. "Gerade im Raum Düsseldorf gibt es viele einheimische Schlangen, und die Zahl wächst."

Bei 20 Prozent ihrer Einsätze bekommen es die Männer mit anderen "Exoten" zu tun, etwa Spinnen. Als Harzbecker mal ausrückte, um in einem Kaufhaus eine vermeintliche Giftspinne aus dem Weg zu räumen, stellte er rasch fest: Der Achtbeiner war aus Plastik. Da kann sich Hysterie schnell in Luft auflösen.

Manche Reptilien sind aus Terrarien privater Halter ausgebüxt. "Es kommt immer häufiger vor, dass Halter keine Ahnung haben und einfach geltungsbedürftig sind." Ob sie ihre Ausreißer wiedersehen, entscheidet Harzbecker. Ein Schlangen-Pärchen aus je fünf Meter langen Exemplaren lebt heute bei seinem Schwiegervater. Der Halter hatte kein Geld für Futter und zum Heizen. "Das Veterinäramt hat mich bevollmächtigt, alle Tiere weiterzuvermitteln", sagt Harzbecker.

Verletzte Tiere pflegt er daheim gesund. "Gerade halte ich zwölf Schlangen, eine Schildkröte, einige Frösche und Echsen." Harzbeckers Frau duldet die Leidenschaft ihres Mannes, ohne sie zu teilen: "Ich gebe ihnen Futter, aber dann ist auch gut."

Seine Männer bildet Harzbecker im eigenen Wohnzimmer aus. Da mischt die Familie manchmal doch mit: Als seine Kollegen mal daran scheiterten, eine Kornnatter per Haken aus einem Becken zu fischen, verblüffte Harzbeckers damals siebenjährige Tochter: "So geht das, ihr Weicheier", rief die Kleine und griff mit bloßer Hand nach der Schlange.

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