Liliane Bettencourt wird 90: Ein Lebensabend wie ein Krimi

Liliane Bettencourt ist die reichste Frau Frankreichs. Am Sonntag wird die L’Oréal-Erbin 90 Jahre alt.

Paris. Vom Butler abgehört, von falschen Freunden ausgenommen und schließlich auf Drängen der Tochter hin entmündigt: Die L’Oréal-Erbin und Milliardärin Liliane Bettencourt dürfte sich ihren Lebensabend anders vorgestellt haben.

Statt im Kreise ihrer Familie eine unbeschwerte Zeit zu genießen, musste sich die reichste Frau Frankreichs in den vergangenen Jahren vor allem mit der Justiz herumschlagen. Auch über ihrem 90. Geburtstag morgen liegen Schatten. Noch immer gibt es den Verdacht, dass aus ihrem Hause illegale Wahlkampfspenden an Nicolas Sarkozy geflossen sein könnten. Ein Untersuchungsrichter ermittelt.

Anfang des vergangenen Jahrzehnts intensivierte Bettencourt den Kontakt mit dem extrovertierten Fotografen und Schriftsteller François-Marie Banier. Der Dandy ließ sich die Treffen mit Zuwendungen im Gegenwert von mehreren Hundert Millionen Euro vergolden, wie im Laufe der Zeit herauskam.

Für die lebenslustige Bettencourt, die noch bis Anfang 2011 im Aufsichtsrat des Weltkonzerns saß, seien das wohl „Peanuts“, spotteten Medien. Bettencourts einzige Tochter Françoise fand die Situation alles andere als amüsant. Die heute 59-Jährige fürchtete um das Lebenswerk ihres Großvaters Eugène Schueller und sah schließlich keinen anderen Ausweg, als die Justiz einzuschalten. Vor Vormundschaftsrichtern warf Françoise der Mutter vor, im Zustand geistiger Unzurechnungsfähigkeit mit Geld um sich zu werfen und beantragte eine medizinische Untersuchung.

„Was ist da bloß in meine Tochter gefahren? Das ist eine große Dummheit“, zeterte die Superreiche in Interviews und erweckte den Eindruck, Françoise sei nur eifersüchtig auf den Fotografen. Sie kenne den Künstler Banier seit mehr als 20 Jahren, er habe ihr sehr geholfen — auch als sie ihren Mann André verloren habe. Über ihre Anwälte ließ Bettencourt verbreiten, sie habe alle Geschenke freiwillig gemacht.

Wenig später tauchten allerdings heimlich aufgenommene Abhörbänder auf, die ausgerechnet ein Butler Bettencourts angefertigt hatte. Sie und die Aussagen einer anderen früheren Angestellten stützten die These, dass die Seniorin zumindest mit erheblichen Gedächtnisproblemen zu kämpfen hatte und brachten zudem eine Lawine neuer Probleme mit sich. Es fanden sich Hinweise auf Steuerhinterziehung und Kungeleien mit Politikern. Die Justiz nahm Ermittlungen auf, komplett abgeschlossen ist das Verfahren noch nicht.

Ein Untersuchungsrichter ermittelt, ob Nicolas Sarkozy seinen Präsidentschaftswahlkampf 2007 mit illegalen Mitteln aus dem Hause Bettencourt finanzierte. Im vergangenen Juli ließ der Chefermittler sogar Büro- und Wohnräume des Ex-Präsidenten durchsuchen. Dieser weist die Verdächtigungen als „Verleumdung“ zurück.

Die Verdienste der reichsten Frau Frankreichs sind angesichts der Affären in den Hintergrund gerückt, vor allem ihr Einsatz für den Kosmetikkonzern des Vaters, der im vergangenen Jahr mehr als 20 Milliarden Euro Umsatz machte.

Das Unternehmen wird mittlerweile von den nachfolgenden Generationen kontrolliert. Kurz vor Bettencourts 89. Geburtstag verfügte ein Gericht die Entmündigung der L’Oréal-Erbin, ihr Enkel Jean-Victor Meyers (26) wurde zum Vormund bestellt. Erbost drohte die Seniorin damit auszuwandern. Es war bislang das letzte öffentliche Aufbegehren.

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