Interview: „Mr. Bean ist ein Genie“

Rowan Atkinson kommt wieder als stummer Grimmassenzieher ins Kino. Diesmal verschlägt es ihn nach Frankreich, denn: „Mr. Bean macht Ferien“.

Mr. Atkinson, wie hart ist das Produzieren leichter Komik?

Atkinson: Ich habe die Arbeit niemals als einfach empfunden, sie war immer mit Stress verbunden. Am meisten Spaß macht es, ein Drehbuch zu Papier zu bringen. Dann sitze ich mit ein paar Freunden am runden Tisch, und wir brüten über Ideen. Das macht Spaß, weil man die Einfälle in diesem Moment nicht umsetzen muss. Aber dann findet man sich mit all seinen fabelhaften Ideen in der französischen Provinz wieder, mit 120 Leuten im Schlepptau. Irgendjemand hat zig Millionen Dollar in die Sache investiert. Und plötzlich sollst du all diese amüsanten Szenen in lustiger Weise auf die Leinwand bringen. Das ist niemals leicht.

Ist es eine Befreiung, diese Figur nach den Dreharbeiten abzuschütteln?

Atkinson: Mr. Bean zu spielen, geht ziemlich an die Substanz. Aber ich muss ihn ja nur für die Dauer einer Kameraeinstellung spielen. Ich bleibe nicht den ganzen Tag in der Figur, wie es zum Beispiel Forest Whitaker gemacht haben soll, als er Idi Amin verkörperte. Ich fühle mich sehr sicher, wenn es darum geht, in Sekundenschnelle in seine Haut zu schlüpfen. Es macht immer Spaß, eine Figur zu verkörpern, die ein Kind geblieben ist. Das ist es, was Mr. Bean im Wesentlichen ausmacht. Er lebt das Leben nicht nach den Regeln der Erwachsenen. Viele Menschen halten Mr. Bean für dumm, aber das stimmt nicht. Ich glaube, er ist sehr klug, beinahe ein Genie. Er ist naiv, nicht dumm.

Erlaubt Ihnen Mr. Bean, Seiten auszuleben, die Sie sonst verdrängen müssten?

Atkinson: Ja, es sind schon gewisse Fantasien im Spiel, wenn ich ihn darstelle. Aber das ist bei Schauspielern meistens der Fall. Vor ein paar Jahren habe ich Johnny English in einer Agenten-Parodie gespielt. Es macht Spaß, einen Geheimagenten zu spielen, dieses Leben zu leben, und sei es auch nur in einem fiktionalen Kontext. Richtig seltsam wird es, wenn ich Mr. Bean in einer realen Umgebung verkörpere, was ich gelegentlich getan habe. Ich habe Autogrammstunden als Mr. Bean bestritten. Ich bin dann von dem Moment an, in dem ich durch die Tür trete, Mr. Bean. Und ich bleibe es, bis ich wieder gehe. Ein fiktionaler Charakter in einer realen Welt ist seltsam, aber auch interessant. Man fühlt sich unendlich befreit, denn man kann tun und lassen, was immer man will.

Besteht nicht die Gefahr, dabei schizophren zu werden?

Atkinson: Ich habe die Bedeutung dieses Begriffes niemals richtig verstanden. Er schließt wohl ein, dass ich manchmal eine Persönlichkeit annehmen würde, die ich nicht sein möchte. Das ist nicht der Fall. Er hat keinerlei Einfluss auf mich, ich habe Einfluss auf ihn. Es ist nicht wie bei Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Jedenfalls ist es mir nicht bewusst.

Wäre eine Jekyll-und-Hyde-Rolle interessant für Sie?

Atkinson: Ja, das wäre interessant. Jede Rolle hat ihren Reiz. Ich hege aber keine Ambitionen, eine ernste Rolle zu spielen, nur um das Genre zu wechseln. Ich verspüre keinen Drang, mich auf einem anderen Feld beweisen zu müssen. Ich mag Komödie, und ich mag Charaktere.

Im Vergleich zum ersten Kinofilm ist Bean wieder deutlich wortkarger.

Geboren 6. Januar 1955 in Newcastle upon Tyne

Karriere Atkinson, der ursprünglich Elektroingenieur werden wollte und in Oxford studierte, begann seine Karriere 1979 bei der BBC als Ensemblemitglied der Comedy-Show "Not the Nine O’Clock News".

Durchbruch International bekannt wurde er als egoistischer Kleinbürger Mr. Bean. Der Humor kommt fast vollkommen ohne Text aus. Mr. Beans Markenzeichen sind seine Gestik und vor allem seine Mimik, die ihm den Spitznamen "rubber face" (Gummigesicht) einbrachte.

Film 1997 kam der erste Film, "Bean - Der ultimative Katastrophenfilm", in die Kinos. 2003 lief die James-Bond-Parodie "Johnny English". 2006 verkörperte Atkinson in dem Film "Mord im Pfarrhaus" den Pfarrer.

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