Hinnerk Schönemann: Er gibt gern den Typ mit der Meise

Hinnerk Schönemann ist gefragt als Darsteller pointierter Nebenrollen. Früher hat er neben Egon Krenz gewohnt.

Plau. Der Schauspieler Hinnerk Schönemann ist ein offener, ungezwungener Typ. Er erzählt bereitwillig, wie er als Jugendlicher aus der DDR ausgewiesen und nach der Wende Nachbar von Egon Krenz wurde. Er berichtet ohne Scheu von seinen schulischen Problemen, denn er war als Kind hyperaktiv, und von seinem Scheitern am Theater. Aber eines verrät er nicht: Welche Automarken er fährt. "Wenn man als junger Mensch sagt, dass man zwei Autos hat, dann sagen die Leute: Der hat eine Meise."

Als Kommissar Simmel im ZDF darf Schönemann, der auch mal Schildkröten, Schlangen und Fische gesammelt hat, seine Leidenschaft für schnelle Autos nur gebremst ausleben. In Kino und Fernsehen ist der 34-Jährige abonniert auf pointierte Nebenrollen. Er zählt zu den Schauspielern, die beinahe jeder schon einmal irgendwo gesehen hat, aber nur die wenigsten wüssten, wo.

In "Das Leben der Anderen" spielte er einen jungen Stasi-Mitarbeiter, der bei seinem Vorgesetzten in der Kantine mit einem DDR-Witz fürchterlich aufläuft. Gerne wird der Schauspieler auch als Ermittler besetzt, als "Polizist mit Meise" (Schönemann). Wie der eifrige Eddie Stachowiak in der Grimmepreis-gekrönten ProSieben-Serie "Dr. Psycho". Schönemann liegen die tragikomischen Momente, er spielt "Figuren, die eigentlich total traurig sind, aber gegen die Wand laufen und sich eine Beule holen". Man lacht und leidet mit.

Der in Rostock geborene Schönemann hat selbst unruhige Zeiten hinter sich. Seine Eltern hatten in der DDR einen Ausreiseantrag gestellt. "Da ist man schon ein bisschen aussätzig." Anfang 1988 wurde Hinnerk Schönemann mit seiner Familie aus dem Ost-Berliner Arbeiterbezirk Friedrichshain in den Westen abgeschoben - und landete in der Nähe d³er Hamburger Reeperbahn. Der 14-jährige Hinnerk gewöhnte sich schnell ein, ging später ein Jahr im englischen Brighton zur Schule, von da aus zurück zu den Eltern, die nach der Wende wieder nach Berlin gezogen waren, ausgerechnet an den Majakowskiring. Ihr Nachbar dort war der letzte Partei- und Staatsratsvorsitzende der DDR, Egon Krenz.

"Das war völlig absurd", sagt Schönemann. Manchmal habe Krenz geklingelt und gefragt: "Haben Sie mal ein Ei? Haben Sie mal eine Leiter?" Auf mehr als oberflächliche Gespräche hat die Familie Schönemann verzichtet.

Hinnerk ging seinen Weg, absolvierte eine Schauspielausbildung und war drei Jahre am Thalia-Theater in Hamburg engagiert. Doch die endlosen Proben in dunklen Räumen, auch die Tatsache, dass nichts aufgezeichnet wurde, machten ihm zu schaffen. Dann wollte er doch lieber zum Film. Ihn fasziniert "das Kleinere, das hinterher viel größer ist", das präzise Arbeiten. Seine Hyperaktivität empfindet er nun als nützlich. "Ich konnte in der Schule unter Druck nichts abrufen. Als Schauspieler ist es genau das Gegenteil: Ich kann diese Energie und Kraft perfekt umsetzen."

Demnächst ist er in einem Kino-Film über das Leben von Klaus Störtebeker zu sehen, Schönemann spielt einen Piraten mit dem vielversprechenden Namen "Keule". Das reimt sich schon mal sehr schön auf Beule. ZDF, So. 20.15 Uhr: Marie Brand und die Nacht der Vergeltung

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