Hans Meyer: Ein Mann voller Widersprüche

Trainer, Sprücheklopfer, immer ein bisschen außerhalb und doch mittendrin: Hans Meyer wird am Samstag 70 Jahre alt.

Düsseldorf. Der Satz hat es in sich. Jede durch Fußball geplagte Ehefrau unterschreibt ihn ungefragt, wenn das Fernsehen wieder das Spiel mit dem Ball hergibt, wo doch Rosamunde Pilcher laufen könnte. Der Satz, den die Akademie für Fußballkultur ausgezeichnet hat, lautet: „In schöner Regelmäßigkeit ist Fußball doch immer das Gleiche.“ Gesagt hat ihn ein Mann des Fußballs, der doch immer darüber hinausgeblickt hat.

Hans Meyer war über Jahrzehnte Fußball-Trainer, und meistens war er noch mehr: Ein Fußball- und Lebensphilosoph — und ein Mann voller Widersprüche. Einer, der sich selbst nicht zu ernst, aber doch immer auch wichtig nahm. Einer, der dem Geschäft Fußball in schöner Regelmäßigkeit den Spiegel vorgehalten hat, um alle Beteiligten bisweilen auch schulmeisterlich wieder zu erden. Und einer, der immer ein wenig außerhalb stand und letztlich doch mittendrin war.

So ist jener Satz auch keine Kritik am Fußball, sondern eine Liebeserklärung an den Ursprung dieses Sports. Von einem Mann, den viele als weise betrachten — und der heute 70 Jahre alt wird.

Meyer hat viel geredet während dieser 70 Jahre, meist tatsächlich über Fußball, fast immer ironisch und stets frei von Floskeln. „Ich kann gar nicht alt genug werden, um alle Überraschungen, die der Fußball so parat hat, verkraften zu können“, hat Meyer einmal gesagt, und vielleicht ist das die Erklärung für sein noch immer anhaltendes Engagement in Fußball-Deutschland.

Der Mann, der einst in der DDR aufwuchs und als Trainer mit dem FC Carl-Zeiss Jena 1981 erst im Europapokal-Endspiel gegen Dynamo Tiflis verlor, ist heute Präsidiumsmitglied bei Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach. Dort, wo er 2009 als Trainer aufgehört hat, als er just dem Niederrhein die Bundesliga erhalten hatte. Mit der Begründung, dass man mit einem 67-Jährigen keine neue Mannschaft mehr aufbauen könne. Weg war er.

Meyer ging ein Jahr auf Weltreise und weiß seither, dass er Otto Rehhagel, der jüngst in Berlin als Fußball-Rentner auf die Trainerbank zurückkehrte, nicht mehr nacheifern wird. „Ich bin auf dieser Reise auf den Gedanken gekommen, dass es noch viel, viel schönere Dinge gibt, als immer nur auf der Trainerbank zu hocken“, sagte er der „Welt“ und fügte im „Kicker“ an: „Es braucht keiner mehr Angst zu haben, dass Hans Meyer noch mal an der ,Front’ auftaucht.“

Nach dem Mauerfall war Meyer („Bis 1990 habe ich nicht für Geld, sondern den Sozialismus gearbeitet“) zunächst von der lukrativen Bundesliga verschmäht worden. Eine harte Zeit für Ost-Trainer. Skepsis für einen Fachmann, Vorurteile, Meyer nahm den Umweg über die Niederlande, arbeitete bei Twente Enschede und landete 1999 das erste Mal beim damaligen Zweitligisten Borussia Mönchengladbach. Er führte die Borussia zurück in die erste Liga, danach rettete er Hertha BSC Berlin vor dem Abstieg und wurde mit Nürnberg Pokalsieger. Aber viel mehr als als erfolgreicher Lehrmeister dieses Sports bleibt er als Typ in Erinnerung.

Das Fußball-Magazin „11 Freunde“ pflegt in jeder Ausgabe eine einseitige Interview-Kolumne mit Meyer. In jedem seiner Sätze schwingt Bedeutung mit, manchmal ist es auch eine wunderbare Paraphrase des Nichts, jede Antwort aber beginnt mit der Meyer: „Gehen Sie davon aus, dass . . .“

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