Francis Fulton-Smith: „Ein ganz großes Abenteuer“

Francis Fulton-Smith spielt im Thriller „Die Spiegel-Affäre“ Franz Josef Strauß — und entdeckte neue Seiten an ihm.

Francis Fulton-Smith: „Ein ganz großes Abenteuer“
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Berlin. Der Polit-Thriller „Die Spiegel-Affäre“ (2. Mai, Arte und 7. Mai, ARD) verdichtet die für die junge Bundesrepublik wichtige Spiegel-Affäre (siehe Kasten) im Jahr 1962 auf den Kampf zwischen dem Chefredakteur und Herausgeber Rudolf Augstein (Sebastian Rudolph) und Franz Josef Strauß, gespielt vom 48 Jahre alten Francis Fulton-Smith.

Herr Fulton-Smith, wie viel mussten Sie für die Rolle zunehmen?

Francis Fulton-Smith: So 20 Kilo dürften es schon gewesen sein. Ich habe das unter ärztlicher Aufsicht gemacht und etwa vier Monate dazu gebraucht.

Wie haben Sie sich sonst auf die Rolle vorbereitet?

Fulton-Smith: Ich habe sehr viel Zeit in Archiven verbracht und Hunderte Stunden Film- und Bildmaterial von Franz Josef Strauß durchgeackert. Es war gar nicht so einfach, seinem komplexen Charakter gerecht zu werden, und hat ein hohes Maß an Konzentration erfordert. Es hat aber auch eine Menge Spaß gemacht, man hat ja nicht jeden Tag Gelegenheit, so eine schillernde und gleichzeitig umstrittene Figur wie Franz Josef Strauß zu spielen. Das ist für einen Schauspieler natürlich ein Fest und war für mich persönlich ein ganz großes Abenteuer.

Was halten Sie von Strauß, der ja eine polarisierende Gestalt war?

Fulton-Smith: Eine gute und schwierige Frage, die sich auf die Schnelle nicht leicht beantworten lässt. Ich bin in München zu einer Zeit aufgewachsen, als Franz Josef Strauß Ministerpräsident in Bayern war und mich in gewisser Weise in meiner Jugend stark geprägt hat. In jedem Fall kann man glaube ich sagen, die Familie Strauß hatte etwas von den Kennedys. Sie war zu einer bestimmten Zeit schillernd, polarisierend, mächtig und gleichzeitig auch tragisch. Wir alle haben ein medial geprägtes Bild dieser Familie im Kopf und gleichzeitig ein sehr unvollständiges Bild von dem Menschen Franz Josef Strauß. Das habe ich erst gemerkt, als ich mich mit ihm eingehender auseinandergesetzt habe.

Welche neuen Erkenntnisse haben Sie denn gewonnen?

Fulton-Smith: Sagen wir mal so, das Bild des polarisierenden Überpolitikers Strauß wurde insofern relativiert, als sich hinter dieser oft auch polternden Fassade ein wahnsinnig sensibler Mensch und ein liebevoller Familienvater verborgen hat. Es ging mir vor allem darum, den Menschen Strauß zu porträtieren. Das Spannende an der Spiegel-Affäre ist ja, dass mit Strauß und Augstein zwei Männer aufeinandergeprallt sind, die eine ähnliche Geschichte hatten. Beide waren absolut davon überzeugt, dass ihr Weg der richtige ist. Augstein wollte verhindern, dass der damalige Kronprinz Strauß irgendwann Kanzler wird, und Strauß hat einen beispiellosen Angriff auf die Pressefreiheit initiiert und das Parlament belogen. In dieser Konsequenz war es daher logisch und richtig, dass Strauß gehen musste.

Welche politische Bedeutung hat die Spiegel-Affäre Ihrer Meinung nach?

Fulton-Smith: Ich glaube, dass sie die Geburtsstunde des demokratischen Bewusstseins in der jungen Bundesrepublik Deutschland war. Die 68er-Bewegung in dieser Form wäre ohne die Spiegel-Affäre nicht denkbar gewesen.

Mit wem wären Sie denn lieber ein Bier trinken gegangen — mit Strauß oder Augstein?

Fulton-Smith: Ehrlich gesagt mit beiden. Ich glaube, die beiden waren gar nicht so verschieden — unter anderen Umständen hätten sie vielleicht auch Freunde werden können.

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