Felicitas Woll: „Heimat ist, wo ich glücklich bin“

Die Schauspielerin Felicitas Woll im Interview. Am 25.3. ist sie in dem Nachkriegsdrama „Kinder des Sturms“ zu sehen.

Frau Woll, in "Kinder des Sturms" spielen Sie eine junge Mutter, die 1946 aus Schlesien flieht und sich in Süddeutschland eine neue Existenz aufbauen muss. Was bedeutet Ihnen Heimat?

Woll: Ich will ja nicht schnulzig klingen, aber Heimat ist für mich da, wo ich glücklich bin, wo ich auftanke und ich selber sein kann, wo meine Tochter ist, mein Haus. Meine Generation ist ja so behütet aufgewachsen, ich hatte nie das Gefühl, heimatlos zu sein.

Nach dem Krieg war das natürlich völlig anders. Viele Leute mussten sich irgendwo etwas Neues aufbauen und das einzige, was sie Heimat nennen konnten, war kein Fleckchen Erde, sondern ihre Familie - die Familienmitglieder, die überlebt hatten.

Woll: Ich kann mich nicht daran erinnern, dass das ein Thema in unserer Familie war. Es wurde ja in Deutschland sowieso lange nicht über das Leid der deutschen Zivilbevölkerung, über die Bombennächte oder Flucht und Vertreibung gesprochen, das ist doch erst in jüngerer Zeit wieder so.

Woll: Am Anfang war erst mal die Diskussion, ob ich nicht zu jung bin für diese Rolle, aber ich wollte das unbedingt spielen. Ich habe versucht, mir die Zeit durch Bilder und Dokumentationen näher zu bringen, habe mir Suchdienstaktionen im Internet angeschaut und nachgelesen, was es für Kinder bedeutet, die Eltern zu verlieren und vielleicht nie zu erfahren, woher sie kommen und wohin sie gehören.

Ich habe mich auch ganz stark damit auseinandergesetzt, was es bedeutet, sein Kind zu verlieren. Da ich selber Mutter bin, konnte ich mich sehr gut in das Gefühl hineinversetzen, ich wusste vor den Dreharbeiten gar nicht, was das in mir auslösen würde.

Woll: Ich habe in der Drehzeit meine Tochter manchmal zwei Wochen nicht gesehen, und das war sehr hart, hat mir aber auf der anderen Seite geholfen, mich in die Figur hineinzuversetzen. Ohne den wunderbaren Regisseur Miguel Alexandre hätte ich nicht gewusst, wie ich das überstehen soll.

Zum Glück kann ich zwar nach Drehschluss gut abschalten - ich ziehe abends das Kostüm aus, gehe aus dem Wohnwagen und bin wieder ich. In meinen Träumen hat mich das alles aber eine ganze Weile lang verfolgt.

Woll: Definitiv, so intensiv konnte man das alles in der Schule gar nicht behandeln. Ich drehe gerade auch den Kinofilm "Liebe Mauer", der zur Zeit des Mauerfalls spielt, und werde mit diesem Aspekt unserer Geschichte konfrontiert, Das ist für mich absolut lehrreich.

Das Verstehen läuft in diesen Filmen ja über Emotionen, und auf diese Art kann ich das alles viel besser begreifen als über irgendwelche historischen Daten. Ich glaube, dass es vielen Zuschauern genauso geht. Bei einer fiktionalen Aufbereitung kann man sich in die Figuren hineinträumen und bekommt gleichzeitig was von der Geschichte mit.

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