Er wollte der Sohn des Paten sein

Mario Adorf über seine TV-Rolle als Walforscher, seinen 80. Geburtstag und seine größte Fehlentscheidung.

Herr Adorf, im ZDF-Zweiteiler "Das Geheimnis der Wale" spielen Sie einen Walforscher. Haben Sie bei den Dreharbeiten in Südafrika auch Wale gesehen?

Adorf: Beim Drehen selbst nicht. Wir sind in einer Drehpause eigens zu einer Bucht in der Nähe von Kapstadt gefahren, wo man Wale beobachten kann. Leider war aber nicht die Jahreszeit, wo sie mit ihren riesigen Schwanzflossen aus dem Wasser springen. Sie schwammen da rum, man hat sie vage wahrgenommen, und ich habe auch Fotos gemacht, aber auf denen ist nicht viel zu sehen.

Der Zweiteiler hat ein spezielles Thema: Die Erforschung von Öl- und Gasvorkommen am Meeresgrund beeinträchtigt Wale aufgrund des Lärms extrem. Kannten Sie diese Problematik vorher?

Adorf: Nein, von dieser Lärmbelästigung und der Auswirkung auf Wale und Delfine habe ich vorher nichts gewusst. Ich interessiere mich zwar für das Thema Umweltschutz, aber es wäre zu viel gesagt, dass ich noch ein aktiver Tierschützer werde. Aber am Drehort habe ich mir den Vortrag eines Walschützers angehört, das war eine sehr interessante Lehrstunde - wie soll ich sonst einen Walforscher spielen? Die Rolle habe ich aber nicht im Hinblick auf die Thematik ausgewählt.

Sondern?

Adorf: Das Ganze ging von Veronica Ferres und ihrem damaligen Mann Martin Krug aus. Wir trafen uns während der Filmfestspiele in Cannes. Da hatten beide auf einmal diese Idee: Der Walforscher wäre doch eine Rolle für dich - und ich habe akzeptiert.

Im September werden Sie 80 Jahre alt - ein Anlass, Bilanz zu ziehen?

Adorf: Überhaupt nicht, das ist für mich nur eine Zahl, das interessiert mich sehr wenig. Wichtig ist doch, wie gut es einem geht und ob man überhaupt noch Lust hat zu arbeiten. Andere in meinem Alter sagen: Das war’s, ich gehe Rosen züchten. Ich kann froh sein, dass es bei mir physisch und geistig noch weitergeht.

In Ihrer Karriere sticht neben Filmen wie "Die Blechtrommel" und "Der große Bellheim" eine Rolle heraus, in der Sie gar nicht zu sehen waren. Haben Sie in den 70ern wirklich dem US-Regisseur Francis Ford Coppola einen Korb gegeben, als er Sie für seinen Mafiafilm "Der Pate" wollte?

Adorf: Der Coppola hat mich damals gefragt, ob ich in der Romanvorlage von Mario Puzo eine Rolle für mich sehen würde. Daraufhin sagte ich ihm, dass ich als italienischstämmiger Schauspieler den Sonny Corleone glaubhaft verkörpern könnte, den ältesten Sohn von Marlon Brando als Don Vito. Diese Rolle hatte er aber schon mit James Caan besetzt. Da meinte ich: "Der ist nicht der Richtige, der ähnelt Brando doch gar nicht. Schauen Sie mich an, ich könnte das spielen!" Als Coppola mich fragte, ob ich denn keine andere Rolle in dem Buch für mich sehen würde, sagte ich nein - das war’s dann für mich.

Wäre Ihre Karriere anders verlaufen, wenn Sie diese Gelegenheit nicht verpasst hätten?

Adorf: Wenn ich den Sonny Corleone gespielt hätte, dann hätte das ganz bestimmt was geändert. Aber einfach irgendeine Rolle zu übernehmen, nur um hinterher sagen zu können, dass ich im "Paten" den 25. Gangster gespielt habe, das hat mich nicht so interessiert. Überhaupt hat mich das immer ein bisschen geärgert: Die Amerikaner mussten nur rufen, und schon tanzten die großen europäischen Schauspieler, um irgendwelche kleinen Wurzen zu spielen. Heute scheint sich das ja etwas zu ändern. Wenn man sieht, dass wunderbare deutschsprachige Schauspieler wie August Diehl und Christoph Waltz in einem Tarantino-Film mitspielen, dann ist das ein großer Fortschritt. Das ist doch toll.

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