Emil Steinberger wird 80: „Das Leben ist so spannend“

Kabarettist Emil Steinberger wird am Sonntag 80 Jahre alt und blickt durchaus zufrieden zurück — und nach vorn.

Zürich. Ob als Spezialist für seltsame Kreuzworträtsel, als Postbeamter, Ski-Lehrer oder Tankwart — Emil Steinberger ist in seiner jeweiligen selbst gewählten Rolle immer der einfache, etwas verkniffen dreinblickende Durchschnittsschweizer.

Der „Mann von nebenan“, der sich irgendwie durchmuffelt und sich auf alles irgendwie einen Reim macht. Emil Steinberger ist zugleich der international bekannteste und zugleich der dienstälteste Kabarettist der Schweiz. Am Sonntag wird er 80 Jahre alt — das Wort „Ruhestand“ bringe ihn zum Lachen, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung.

Herr Steinberger, angenommen, Sie hätten keine Geburtsurkunde, für wie alt würden Sie sich halten?

Emil Steinberger: Ein interessantes Experiment, mal zu erkunden, wie alt man sich fühlt, ohne zu wissen, wann man geboren ist. Ich habe festgestellt, dass ich immer irgendwie zehn Jahre zu spät dran bin. Zum Beispiel bei der Berufswahl. Mit 16 wusste ich nicht, was ich werden sollte. Zehn Jahre später stand ich im Berufsleben als Postbeamter. Mit 36 war ich Grafiker. Also würde ich sagen, statt 80 sprechen wir jetzt mal von 70.

Woher nehmen Sie diese Energie, verraten Sie Ihr Geheimnis?

Steinberger: Wenn ich eines hätte, würde ich es jetzt preisgeben. Ich glaube, es sind einfach die vielen Dinge, die immer noch an mich herankommen und die etwas mit Kreativität zu tun haben. Das Leben ist so spannend. Und zum Glück habe ich eine Frau, die mitzieht und das auch alles interessant findet.

Wie haben Sie Ihr komödiantisches Talent entdeckt?

Steinberger: Das geht weit, weit zurück. Zum Beispiel hat uns in der Schule mal ein Lehrer das Sonnensystem an einer Weltkugel erklärt. Ich habe gestaunt und gestaunt und plötzlich klopft mir der Lehrer an die Stirn und sagt: ,Emil, geh raus, geh vor die Tür.’ Nach der Stunde habe ich gesagt: ,Herr Lehrer, ich habe weder geschwatzt, noch irgendwas getan.’ Da sagt er: ,Ach, Emil, wenn ich dich angucke, muss ich einfach immer lachen.’

So etwas schaffen Sie allein mit Ihrer Mimik. Fällt es da im Alltag schwer, ernst genommen zu werden, etwa als Kunde am Postschalter?

Steinberger: Überhaupt nicht. Man spürt in meinem Gesicht auch Ernsthaftigkeit. Ich bin auch nicht einer, der ständig lustig sein muss, immer Gags machen muss. Ich habe auch meine zwei, drei ganz anderen Seiten. In der Schweiz weiß man das besser, weil man hier mehr verfolgt hat, was ich außer Kabarett so alles gemacht habe.

Was fällt Ihnen denn spontan zu diesem Wort ein: Ruhestand?

Steinberger: Oje (Emil lacht). Also mein Lachen ist die Antwort. Ich denke gar nicht an ein Ruhestandsleben. Morgens den Briefkasten leeren. Dann in die Stadt gehen und die Baustellen besichtigen, um zu warten, bis die Frau gekocht hat, dann ein Mittagsschläfchen, wieder Spazierengehen und dann am Stammtisch ein bisschen reden . . . Nein, das ist kein Alltag für mich. Bitte nicht, nein, überhaupt nicht.

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