Ein Rüpel wird zum Gentleman

Klatsch-Reporter Piers Morgan erbt die Sendung von CNN-Legende Larry King. Am Dienstag Abend ist Premiere.

London. Er hat Premierminister Gordon Brown zum Weinen gebracht, Susan Boyle zu Weltruhm katapultiert und erbt jetzt die Show von Talk-Legende Larry King: Der Brite Piers Morgan übernimmt dessen legendäre CNN-Sendung. Für den Job hat das fieseste TV-Großmaul der Insel hart an sich gearbeitet — und seinen inneren Rüpel zu einem taktvollen Gentleman kultiviert.

In Deutschland machte der Brite Schlagzeilen mit seiner Äußerung zum Halbfinalspiel der Fußball-Europameisterschaft 1996 — England gegen Deutschland. Morgan verkündete im „Daily Mirror“, er würde am liebsten mit seiner Zeitung einen Bombenangriff auf das deutsche Trainingslager fliegen und mit dem Panzer nach Berlin fahren, um die „Bild“-Zeitung plattzumachen.

Wer am Dienstag um 21 Uhr CNN Deutschland einschaltet wird einen smarten und charmant-schlagfertigen 45-Jährigen erleben, der Profi-Kollegin Oprah Winfrey private Details entlockt. Und zwar mit Feingefühl, nicht mit der verbalen Wucht, für die Morgan berühmt ist.

Er laufe jedenfalls nicht Gefahr, nur ein Larry King Junior zu werden: „Larry hatte eine weiche, angenehme Art“, sagt Morgan, „das kann ich von mir nicht behaupten. Aber ich will keine Gäste verschrecken, sondern ihnen eine echte Lebensgeschichte entlocken.“ Egal ob mit Tränen, Lachen, Wut oder Leidenschaft.

Schon einmal ist ihm das meisterhaft gelungen — und zwar ausgerechnet bei einem Politiker, der als glanzloser und schwerfälliger Roboter gilt: Ex-Premier Gordon Brown erzählte Piers Morgan in einem Fernseh-Interview, warum er sich in seine Frau verliebt hat und — unter Tränen — wie seine neugeborene Tochter gestorben ist.

„Talkshows bestehen heute fast nur noch aus Schlagabtausch, Musik und der Inszenierung des Moderators“, kritisiert Morgan, „ich hingegen plane einen Dialog, in dem Menschen ihre echte Geschichte erzählen.“

Die Chancen stehen gut, dass Piers Morgan die zuletzt abwärts trudelnde Quote der Larry-King-Show drehen kann. Als Rauhbein vom Dienst ist er beruflich mit allen Wassern gewaschen: Morgan fühlt sich an der Seite von Paris Hilton so wohl wie beim Dalai Lama und läuft bei Kontroversen erst recht zu Bestform auf.

Fehden pflegt er mit Vorliebe, weshalb er Madonna bereits „auf Lebenszeit“ aus seiner Show verbannt hat („Ich überleg’s mir noch mal, wenn sie sich live dafür entschuldigt, mir auf die Nerven gegangen zu sein.“) Als Zeitungsjournalist war der Brite mehrfach mit dem Pop-Star aneinander geraten — und nicht nur mit Madonna: Morgan wurde für seine Texte bereits Gewalt angedroht. Und Cherie Blair soll sich höchstpersönlich dafür eingesetzt haben, dass er gefeuert wird.

Der profilierte Zeitungsmann, der schon mit 28 Jahren Chefredakteur des Krawallblattes „News of the World“ wurde, stolperte von ganz allein über einen journalistischen Fehler: Er veröffentlichte 2004 im „Daily Mirror“ angebliche Folter-Fotos britischer Soldaten und musste gehen, als sich herausstellte, dass sie gefälscht waren.

Ein Interview mit Kate und William sei sein nächstes Ziel, sagt Morgan. Lunch mit Lady Diana hatte er ja bereits.

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