Dieter Wedel wird 70: „Jeder darf mal daneben hauen“

Regisseur Dieter Wedel gratuliert Kollegen nach gelungenen Filmen — und nimmt Gottschalk vor Kritik in Schutz.

Hamburg. Wenn Dieter Wedel („Der große Bellheim“, „Der Schattenmann“) ruft, kommen hochkarätige Schauspieler vor seine Kamera oder nach Worms zu den Nibelungen-Festspielen. Nach wie vor konzentriert sich der Regisseur auf beide Fächer — Theater und Fernsehen. Im Interview spricht Wedel, der am Montag 70 Jahre alt wird, über seine Mallorca-Komödie, Boris Becker und Licht- und Schattenseiten im TV-Jahr 2012.

Herr Wedel, Ihr letzter Film liegt bald drei Jahre zurück. Kehren Sie der Fernsehbranche den Rücken?

Dieter Wedel: Nein, absolut nicht. Zwischen all meinen Filmen lagen immer drei oder vier Jahre. Manchmal sogar noch mehr, weil ich für alle Filme auch immer das Buch geschrieben und selbst recherchiert habe. Gerade habe ich für das ZDF den Zweiteiler „Papa und Mama“ auf Spielfilmlänge umgeschnitten.

Wird der von Ihnen angekündigte Film über Mallorca das nächste Projekt sein?

Wedel: Daran schreibe ich gerade. Es soll eine Komödie werden. Eine Geschichte aus der Perspektive eines Deutschen, der hier auf die Insel kommt und gemeinsam mit ein paar Freunden ein Hotel eröffnen will. Was aber nicht im Interesse seiner mallorquinischen Konkurrenten ist. Es wird eine Geschichte werden über Sein und Schein.

Wie weit sind Sie mit Ihren Recherchen dafür?

Wedel: Sehr weit. Vor drei Jahren habe ich damit begonnen, immer wieder unterbrochen von Arbeiten in Worms und Dresden. Inzwischen sind etliche Verantwortliche, mit denen ich damals gesprochen habe, in Haft, weil eine Welle von Korruptionsprozessen über die Insel geschwappt ist. Etwas Gutes allerdings hat die Finanzkrise: Auch wenn sie ganz Europa bedroht, diese kleine Insel hat sie gerettet, weil die völlig übertriebene Bautätigkeit gemindert wurde, bevor Mallorca das gleiche Schicksal erreicht wie die Festlandküste Spaniens.

Es gab ein prominentes Beispiel . . .

Wedel: Natürlich wird auch die Geschichte mit Boris Becker, der hier meiner Meinung nach ziemlich reingelegt wurde, in meinen Film mit einfließen. Vielleicht hat er sich nicht immer sehr klug verhalten und sich zu sehr darauf verlassen, dass ihm schon nichts passieren wird. Aber dass ihm so manche Falle gestellt wurde, in die er auch getappt ist, steht für mich völlig außer Frage.

Das Jahr neigt sich dem Ende entgegen. Was waren für Sie die Licht- und Schattenseiten im deutschen Fernsehen?

Wedel: Den Film „Der Fall Jakob von Metzler“ fand ich grandios! Danach habe ich sowohl dem Produzenten Nico Hofmann als auch der ZDF-Redakteurin Caroline von Senden sofort geschrieben: Das war toll! Früher war das so üblich, dass man sich bei Kollegen danach meldet, ob mit positiver oder negativer Kritik, heute ist das selten so. Ich behalte das bei.

Und worüber haben Sie sich im Fernsehjahr 2012 geärgert?

Wedel: Über die Angriffe auf Thomas Gottschalk. Ich begreife das nicht: Ein Mann, der eine wirklich grandiose Karriere gemacht hat, hat doch das Recht, auch mal daneben zu hauen. Man darf ihn eben nicht hinter einen Schreibtisch setzen oder in eine biedere Wohnstube, der braucht Publikum. Bei aller Kritik sollte man sich vor Augen halten, es geht doch nicht um eine OP am offenen Herzen, sondern um eine misslungene Sendung.

Und dass er jetzt bei RTL in der „Supertalent“-Jury sitzt . . .

Wedel: . . . finde ich nicht ganz glücklich, ist für mich auch nicht der Untergang des Abendlandes. Gottschalk ist 62 und will noch nicht aufhören — ich kann das gut verstehen. Ich finde ihn wunderbar, schlagfertig und charmant, und hoffe, dass er nicht verloren geht auf dem Bildschirm. Die Kandidaten, die sich in dieses Format begeben, wissen, was sie tun. Also ich würde kein Gedicht aufsagen, wenn Dieter Bohlen da sitzt.

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