Dieter Pfaff: Ich bin gar kein Genussmensch

Interview: Dieter Pfaff spielt wieder in der ARD-Serie „Der Dicke“ und spricht über gierige Banker und die Kraft für Neues.

Herr Pfaff, in den neuen Folgen von "Der Dicke" sind Sie wieder als Anwalt der kleinen Leute im Einsatz. Hatten Sie im echten Leben schon mal mit Anwälten zu tun?

Dieter Pfaff: Ich bin kein Prozesshansel. Ich habe noch nie in meinem Leben einen Prozess geführt und noch nie jemanden verklagt, weil das nicht meine Art ist, mit Problemen umzugehen. Ich versuche immer, andere Wege zu finden.

Die Figur des Anwalts, der nicht der schnellen Mark hinterherhetzt, sonder lieber denen hilft, die es nötig haben, wurde schon vor Jahren entwickelt. Doch nach all den Meldungen über gierige Manager wirkt "Der Dicke" jetzt wie die Serie zur Krise.

Pfaff: Es ist ja nicht erst jetzt auffällig geworden, dass da eine wildgewordene Horde von Leuten, die sich völlig von der Realität entfernt haben, in skrupelloser Weise hantiert. Ich habe schon vor Jahren Schauder gekriegt, wenn nur noch von einer freien und nicht mehr von einer freien und sozialen Marktwirtschaft geredet wurde. Oder wenn sich die Banken als Global Player aufspielten, die ihre Girokonten-Kunden nicht mehr wollen. Geld ist doch nicht die Hauptsache im Leben.

Haben die Zuschauer in diesen rauen Zeiten das verstärkte Bedürfnis nach märchenhaften, guten Figuren?

Pfaff: Die guten Quoten zeigen ja, dass wir da einen Nerv treffen. Natürlich ist künstlerische Arbeit immer ein Gegenentwurf zur Realität. Aber ich glaube, es gibt solche Menschen, die sind nur nicht so laut wie die anderen. Wenn ich mir überlege, welche Menschen ich bei meiner Arbeit für Unicef in Afrika kennen gelernt habe, wie die sich für andere einsetzen - das sind die wahren Helden unserer Zeit.

In den neuen Folgen von "Der Dicke" fällt auf, wie stark die vielen Pfunde Ehrenbergs thematisiert werden. Ständig vertilgt er Kalorienbomben, ständig mahnen ihn besorgte Mitmenschen. Wieso diese offensive Herangehensweise?

Pfaff: Das Ganze ist ein Zeichen dafür, dass der Ehrenberg nicht besonders sorgfältig mit sich umgeht. Er lebt für andere und vernachlässigt sich selbst, stopft sich voll, damit er schnell satt ist. Ich glaube, er ist kein Genussmensch. Das gehört zur Figur dazu, ist bei mir aber auch ein bisschen so.

Waren Sie selber auch schon einmal an dem Punkt, wo Sie gemerkt haben, dass Sie Ihr Leben ändern müssen?

Pfaff: In der Figur steckt eine ganze Menge meiner eigenen Erfahrung. Man hat ja bestimmte Lebensthemen, und dieser Aspekt zieht sich durch viele meiner Rollen. Da geht es um Menschen, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in gewohnten Bahnen gelebt haben, irgendwo reingerutscht sind und plötzlich feststellen: Das ist nicht das Richtige, ich habe von etwas anderem geträumt. Und die dann die Kraft haben, einen neuen Anfang zu machen. Das habe ich ein paar Mal in meinem Leben gemacht.

Zum Beispiel, als Sie mit 35 Jahren Ihre Karriere als Regisseur aufgaben, weil Sie doch lieber Schauspieler sein wollten. Ganz schön mutig.

Pfaff: Ich glaube, wenn es wirklich notwendig ist, wenn man das Gefühl hat, man erstickt an der Art, wie man lebt, dann ist es eine Überlebensfrage. Und dann ist das stärker als jede Angst, die man haben kann - das ist meine Erfahrung.

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