Die Rockröhre ist zurück

Gianna Nannini bekam mit 54 Jahren ihr erstes Kind. Jetzt meldet sie sich mit einem neuen Album zurück.

Rom. Vor gut zwei Monaten wurde die Rock-Sängerin Gianna Nannini mit 54 Jahren erstmals Mutter. Künstliche Befruchtung: ja oder nein? Ganz Italien hat sich darüber den Kopf zerbrochen. Die Sängerin sagt nein, wollte jedoch nicht verraten, wer der Vater von Penelope Jane Charlotte ist. Ihre Empfindungen hat sie mit der unverkennbaren Sandpapierstimme in ihr neues Album „Io e Te“ (Ich und Du) einfließen lassen — und provoziert nicht nur mit den Songs, sondern auch mit dem Cover: Es zeigt die hochschwangere Nannini mit nacktem Bauch.

„Io e Te“ entstand in Zusammenarbeit einem Metal-Produzenten und dem Streicher-Arrangeur von Take That und Madonna. Welche Vision hatten Sie von dem Album?

Nannini: Ich wollte sieben, acht oder mehr Gitarren nebeneinander hören, damit sie zusammen mit den Streichern einen gigantischen Chor bilden. Aus der Mitte entspringt meine Stimme. Ich wollte keine kitschigen oder romantischen Geigen, das Orchester klingt eher wie eine Rockband. Wir haben etwas völlig Neues geschaffen.

Hat sich die Schwangerschaft auf Ihre Musik ausgewirkt?

Nannini: Ich habe mich während meiner Schwangerschaft extrem gut gefühlt. Meine Stimme ist deshalb kraftvoller denn je. So hell und leuchtend habe ich niemals zuvor geklungen. Ich erlebte einen emotionalen Aufschwung, ohne dass ich Drogen oder Alkohol nehmen musste. Seitdem schwöre ich auf natürliche Stimulanzien.

Bedeutet ein Baby automatisch den Abschied vom Rock’n’Roll-Leben?

Nannini: Vor meiner Schwangerschaft habe ich mich ausschließlich um meine Musik und meine Karriere gekümmert. Jetzt aber kommt zuerst das Baby. Alles andere muss warten. Natürlich habe ich auch einen Babysitter. Sonst könnte ich ja gar nichts mehr machen.

Penelope ist ein Name aus der griechischen Mythologie.

Nannini: Am Anfang meiner Karriere saß ich mal drei Tage im Gefängnis auf der griechischen Insel Korfu. Penelope steht für Stärke und Energie. Als ich mein Baby zum ersten Mal sah, wusste ich sofort, dass es der richtige Name für sie ist. Mit ihrer Frisur sieht Penelope aus wie eine kleine Rockerin.

Auf dem Titel der italienischen Ausgabe von „Vanity Fair“ waren Sie mit dickem Bauch und einem T-Shirt mit der Aufschrift: „Gott ist eine Frau“ zu sehen. Wollen Sie aufzeigen, dass es in Italien auch starke Frauen gibt, die trotz Sexismus ihren Weg gehen?

Nannini: Ja, das kann ich so unterschreiben. In Berlusconis Person vereinen sich alle Klischees, die man mit Italien verbindet. Eigentlich ist er gar kein Politiker, er kommt ja aus dem TV-Geschäft. Viele Leute sind Berlusconi in die Falle gegangen. Ich gehe trotzdem in Fernsehshows, um meine Botschaft loszuwerden. Wegen meiner Schwangerschaft wurde ich in Italien stark kritisiert. Man hat mir vorgeworfen, ich würde mein Baby vermarkten. Was soll das? Ich mische mich schließlich auch nicht in die Angelegenheiten anderer ein. In Wirklichkeit waren es aber die Medien, die mich ausstellen wollten. Dieses Album und auch meine Tochter Penelope sind eine Reaktion auf alle, die mich attackiert haben. Es ist nicht meine Absicht, das italienische Volk zu spalten. Ich möchte mit Leuten, die anders denken, in Dialog treten. Aber ich würde niemals eine Regierung wählen, die ihre Soldaten nach Afghanistan oder anderswohin schickt.

Haben Sie mal daran gedacht, in die Politik zu gehen?

Nannini: Ich werde auf diese Frage zurückkommen, wenn ich aufhöre zu singen.

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