Der Madoff aus Aschaffenburg

Helmut Kiener versprach sagenhafte Renditen. Großbanken und Kleinanleger fielen auf ihn herein.

Aschaffenburg. Grundsolide sieht Helmut Kiener aus. Mit Brille und Schnäuzer ginge er problemlos als Lehrer durch; Deutsch und Englisch würde passen. Allerdings sitzt der 50-Jährige aus Aschaffenburg in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft Würzburg wirft ihm Untreue und Betrug vor - in ganz großem Stil.

Helmut Kiener soll mindestens 280 Millionen Dollar (rund 185 Millionen Euro) von Großbanken wie Barclays, BNP Paribas und J. P. Morgan für sich abgezweigt haben: Er kaufte sich Flugzeuge, einen Hubschrauber und eine Luxusvilla in Florida.

Außerdem bangen mehrere tausend Kleinanleger um ihre Einlagen: Sie sollen insgesamt rund 630 Millionen Dollar (420 Millionen Euro) in den Hegdefonds K1 Invest und K1 Global angelegt haben. Profi- wie Privatanleger ließen sich von phantastischen Versprechen locken: 17,5 Prozent Rendite jährlich - dagegen nehmen sich die von US-Finanzjongleur Bernard Madoff einst in Aussicht gestellten 10,5 Prozent geradezu bescheiden aus. Im Prinzip steckt hinter beiden ein ähnliches Schneeballsystem.

Kiener hat unauffällig angefangen. In den 80er Jahren studierte er Psychologie in Frankfurt und Sozialpädagogik in Fulda. Laut dem Lebenslauf auf der Firmen-Webseite hat er danach für eine Marktforschungsfirma Fragebögen erstellt, sich in Gesprächstherapie weitergebildet und für eine Werbeagentur Anzeigen verkauft.

1995 ist er ins Geschäft mit Hedgefonds eingestiegen. Als einzige Voraussetzung nennt Kiener: "Seit 08/1990 Beschäftigung mit den Weltfinanzmärkten". Darauf hat wohl keiner geachtet angesichts der blendenden Werbeversprechen: Laut Prospekt 825 Prozent Rendite in elf Jahren - den zwei Börsenkrisen zum Trotz.

Erstaunlich ist, dass sich offenbar nicht einmal Banken über Kiener informieren wollten. Schnell hätten sie herausgefunden, dass die Finanzaufsichtsbehörde Bafin schon 2001 gegen ihn vorging. Die "Financial Times Deutschland" zitiert eine Analyse der Wirtschaftdetektei Opus 111. Derzufolge ergibt sich schon nach oberflächlicher Prüfung, dass die Struktur der Anlage im Internet nicht nachvollziehbar ist, weder Dach- noch Zielfonds erkennbar sind.

Die Firmenadresse verweist auf die britischen Jungferninseln, die Telefonnummer dazu hat aber eine Münchner Vorwahl, Kieners Wohnsitz ist Aschaffenburg (was immerhin zutrifft), die Fondsberater sitzen angeblich in Hamburg.

Anfang 2006 kommt für den Geldjongleur der finanzielle Ritterschlag: Mit der Barclays-Bank legt er den Fonds K1 Global Sub Trust mit Depotbanken in der Schweiz und Monaco auf. 220 Millionen Dollar vertrauten die Briten ihm an.

Während er mit Millionen jonglierte, führte Kiener lange das Leben eines Biedermanns. So soll er laut "Spiegel" für seine Kirchengemeinde Heizkissen gespendet haben. Im Dezember 2008 hatte er mit seiner Frau eine Audienz bei Papst Benedikt XVI., sie gehörten zur Abordnung eines Kubs wohltätiger Golfer. Dort hatte er sich offenbar für einen fünfstelligen Betrag eingekauft.

Als alles aufgeflogen war, versuchte Kiener noch einen uralten Betrüger-Trick: Er machte diplomatische Immunität geltend. Schließlich habe er einen Diplomatenpass des afrikanischen Kleinstaats Guinea-Bissau. Doch die Investition von mindestens 30.000 Dollar für das Papier hat sich nicht gelohnt. Kiener bleibt in Untersuchungshaft.

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