Christine Neubauer: Vollweib auf Dauersendung

Die Schauspielerin Christine Neubauer gilt als eine der meistbeschäftigten im Land — das ruft Kritiker auf den Plan.

München. Seit fast 30 Jahren steht Christine Neubauer vor der Kamera. Als Landärztin, Geierwally oder Vollweib — die Münchnerin hat sich in die Herzen der Fernsehzuschauer gespielt. Sie ist seit Jahren ein Quotengarant. Von Kritikern wird sie dafür seit Jahren belächelt. Nun will sie ihren Job ruhiger angehen und neue Rollen ausprobieren. Auf die Publikumsrenner will sie nicht verzichten, Experimente dennoch wagen.

„Mein Geburtstagswunsch ist, dass ich weiterhin die Schubladen verlassen kann und sie nicht ganz über mir zugeklappt werden. Ich bin ja Gott sei Dank jetzt dünner und kann auch aus einem kleineren Spalt besser herausspringen“, sagte sie. Morgen wird Neubauer 50 Jahre alt.

In den vergangenen Jahrzehnten hat die dunkelhaarige Schöne die ausgetretenen Pfade selten verlassen. Meist war sie in romantischen Komödien und Heimatfilmen zu sehen. Dabei gönnte sie sich kaum Pausen. Es gab Zeiten, da drehte sie mehr als ein Dutzend Filme pro Jahr.

Neubauer gilt als eine der meistbeschäftigten Schauspielerinnen im deutschen Fernsehen, für die Fans ein Segen, für die Kritiker ein Fluch. Sie werfen ihr seichte Unterhaltung nach immer gleichem Schema vor.

Allein im Jahr 2009 wurden im deutschen Fernsehen 115 Filme mit ihr gezeigt, 2010 kaum weniger. Meist verkörperte sie die immer gleiche Rolle — eine Frau, die sich durchs Leben kämpft. Diese Omnipräsenz brachte ihr viel Häme ein.

Regisseurin Doris Dörrie drohte gar mit dem Maschinengewehr, wenn sie noch einmal eine Frau sehe, die eigentlich 50 ist, aber sagt, sie ist 35, und eine Farm in Afrika aufmacht. Neid müsse man sich in der Branche offensichtlich hart erarbeiten, konterte die kurvige Münchnerin damals.

Nach drei Jahrzehnten im Geschäft will Neubauer anspruchsvoller werden, sagt sie. Sie will weniger und dafür stärkere Rollen spielen. So wie zuletzt im Nachkriegsdrama „Hannas Entscheidung“ oder als Mutter eines Kindes mit Asperger-Syndrom in „Der kalte Himmel“.

Auch internationalen Produktionen will sie sich nicht verschließen. Einen Ruf nach Hollywood schließt Neubauer jedoch kategorisch aus: „Das ist als Frau utopisch. Da spiele ich lieber in Deutschland wunderbare Filme, als in Hollywood zu kellnern.“

Vor wenigen Monaten gönnte sie sich zum ersten Mal in ihrer Karriere eine achtmonatige Auszeit. „Ich hatte noch nie so eine lange Drehpause“, sagt Neubauer. In dieser Zeit reichte sie auch die Scheidung von ihrer Jugendliebe Lambert Dinzinger ein.

Rund 3000 Kilometer reiste sie mit dem Auto durch Chile. Es sei eine neue und sehr gute Erfahrung gewesen, für längere Zeit weit weg von zu Hause zu sein. „Dort habe ich eine innere Ruhe gefunden. Es war eine Reise zu mir“, sagt sie. Sie könne seitdem die Kleinigkeiten im Leben mehr genießen.

Das Alter mache ihr keine Sorgen. Im Gegenteil: Sie sei dankbar für die Lebenserfahrung. „Ich bin bei mir angekommen. Ich fühle mich in meiner Haut so wohl wie nie“, sagt die gebürtige Münchnerin. Auch Falten oder ähnliche Zeichen des Alters machten ihr keine Probleme. „Das Leben in meinem Gesicht wird hoffentlich auch Fundament für viele weitere Rollen sein.“ Ihr Herzenswunsch sei es, in ihrem Beruf alt zu werden. „Das ist ein Traum. Wenn ich dabei viel reisen kann, wäre es perfekt.“

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