Chris Barns, der Känguru-Vater

Der Australier zieht verwaiste Jungtiere groß. Für seine Schützlinge gab er seinen Job auf und zog ins einsame Outback.

Alice Springs. Crocodile Dundee war gestern. Australien hat einen neuen Star aus dem Outback: Chris „Brolga“ Barns, Retter von verwaisten Baby-Kängurus. Nach einer erfolgreichen TV-Dokumentation des britischen Senders BBC über Barns und sein Eigenbau-Tierheim im australischen Busch droht sein beschauliches und einsames Leben allerdings aus den Fugen zu geraten.

Der 40-Jährige hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, Känguru-Jungtiere aufzuziehen, deren Mütter getötet wurden. Seit 2005 kümmert sich der hochgewachsene Australier um die Waisen. Brolga — ein Aborigine-Wort für Storch — liebt seine Schützlinge: „Sie sind meine Familie. Manche Leute halten mich für verrückt, aber das stimmt nicht. Ich habe nur etwas gefunden, das mir wirklich wichtig ist.“

Alles begann, als er ein winziges Jungtier rettete. Vögel hatten bereits am Beutel seiner toten Mutter gepickt, das Junge drohte, lebendig gefressen zu werden. Das Muttertier war überfahren worden. „Also habe ich beschlossen, zu helfen, wo ich kann.“ In derselben Woche noch gab er seinen Job als Reiseführer auf und widmete sich ganz der Känguru-Rettung.

Brolga putzt immer noch Touristenbusse in der Stadt Alice Springs im Herzen Australiens, um sein Beuteltier-Heim zu finanzieren. Obwohl nur 15 Minuten von Alice Springs gelegen, ist es mitten im einsamen Outback. Sein Heim ist eine selbst gebaute Wellblechhütte ohne Strom und fließendes Wasser. In diesem Sommer fielen die Temperaturen für zwei Wochen nicht unter 40 Grad. Im Winter, bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, hält er sich und seine Schützlinge mit Wärmflaschen warm.

Um etwa 25 Kängurus, darunter fünf Babys, kümmert er sich auf dem 36 Hektar großen Areal. Zehn freiwillige Helfer unterstützen ihn bei der Pflege der Jungtiere. Die Kleinen werden alle vier Stunden mit laktosefreier Milch gefüttert. Wenn sie groß genug sind, müssen sie wieder in den Busch zurückkehren. Er wolle die Tiere nicht vermenschlichen, sagt Barns. „Ich versuche den menschlichen Kontakt gering zu halten.“ Nur Tiere, die besonders schwer verletzt wurden und in freier Wildbahn nicht überleben können, bleiben.

Täglich trudeln Dutzende Fan-E-Mails bei Brolga ein. Manche bieten finanzielle Unterstützung an, andere wollen mit anpacken. Auch Heiratsanträge gab es schon. Der Ruhm habe ihn nicht verändert, meint er. „Man kann einen Mann aus dem Busch holen, aber den Busch niemals aus dem Mann.“

Denjenigen, die zu ihm in den australischen Busch ziehen wollen, rät Brolga, eine eigene Lebensaufgabe zu finden: „Du kannst Dich in England um Igel kümmern oder in Deutschland um Eichhörnchen.“

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