Buschpilot im Namen Gottes

Mit 16 Jahren träumte Martin Köhler davon, Pilot zu werden. Heute ist er im Dschungel für gute Zwecke im Einsatz.

Madang. Es dröhnt in der Kabine. Martin Köhler hat den Motor der achtsitzigen Maschine angelassen. Zum Glück gibt es Kopfhörer. „Mike, Echo, Whiskey“, meldet sich der 40 Jahre alte Nürnberger beim Tower in Madang in Papua-Neuguinea an. Dann bittet er um Starterlaubnis. Mike, Echo Whiskey — MEW ist die Flugzeugkennung. Die Buchstaben stehen für „Mission Eine Welt“. Köhler ist Buschpilot im Namen Gottes.

Das Missionswerk der Lutherisch-Evangelischen Kirche Bayerns hat einen Großteil der 450 000 Euro teuren Maschine finanziert. Köhler fliegt für die Mission Aviation Fellowship (MAF), einen christlichen Flugdienst, der mit 20 Piloten im Einsatz ist. „Unsere Priorität ist es, Kranke und Verletzte auszufliegen, die ärztliche Hilfe brauchen“, sagt Köhler.

Wie ein paar Tage zuvor, als Köhler nach Hauna am Fluss Sepik gerufen wurde. „Dort lag eine Frau in einem Einbaumboot, die drei Tage zuvor Zwillinge geboren hatte. Ein Baby war gestorben, die Frau hatte viel Blut verloren. Sie brauchte dringend einen Arzt.“ Ärzte gibt es mitten im Dschungel nicht. Die Familie musste einen Tag marschieren, um die MAF zu alarmieren, und dann noch zwei Tage Boot fahren bis zur nächsten Landepiste.

„Ich bin gelandet und habe das Flugzeug sofort für den Transport vorbereitet“, sagt Köhler. „Aber als ich zum Fluss hinunterlief, war die Frau tot.“

Deutschland und die kleinen Probleme des Alltags sind in Papua-Neuguinea plötzlich sehr weit weg, sagt Köhler. „Hier wird man gebraucht, hier geht es um Leben und Tod.“ Für Köhler ist die Missionsfliegerei eine perfekte Kombination. „Ich wollte schon mit 16 fliegen, und, geprägt durch meinen christlichen Glauben, helfen. Ich wusste erst gar nicht, dass sich das so wunderbar verbinden lässt.“

Der Traum vom Fliegen blieb wegen der hohen Kosten für einen Flugschein lange Zeit ein Wunschtraum Köhlers. Etwas Solides sollte her, also studierte er zunächst Elektrotechnik und ging zur Telekom. Später wurde das Fliegen sein Hobby. Die Missionsflieger entdeckte er durch Zufall. 2005 stand der Entschluss fest: Köhler wurde MAF-Pilot, zuerst in Nordaustralien, seit 2008 in Papua-Neuguinea.

Die Arbeit ist gefährlich. Das zwischen Australien und Indonesien gelegene Papua-Neuguinea und sein unwegsames Hochland gelten als eines der schwierigsten Fluggebiete der Erde. Die Pisten sind oft in steile Hänge geschlagen und nicht jede wird gut gepflegt. „Vor ein paar Wochen war eine Piste so rutschig, dass ich fast nicht rechtzeitig zum Stehen gekommen wäre“, sagt Köhler.

Ein anderer Pilot schaffte es nach dem Start nur knapp über eine Bergkuppe, weil ein Passagier heimlich schweres Gepäck an Bord gehievt hatte. Ein anderer fand nach einer rauen Landung wegen gefährlich starker Querwinde Steine im Windsack, der eigentlich die Windstärke anzeigen soll. Die Dorfbewohner hatten sie aus Angst hineingelegt, dass der Pilot sonst nicht landen würde. „Meine Mutter sagt immer: „Ihr seid Weltmeister im Schutzengelstrapazieren.“

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