Biografie: Ein Leben für vergessene Kinder

Bernd Siggelkow, Gründer der Arche, hat ein Buch veröffentlicht: "Papa Bernd", so nennen ihn die Kinder.

Düsseldorf. Er wurde von seiner Mutter verlassen, als er sechs Jahre alt war. Er wuchs im Hamburger Vergnügungsviertel St. Pauli auf. Statt elterlicher Geborgenheit gab es ständig finanzielle Probleme. Mit 16 Jahren zog er von zu Hause aus. Und trotzdem - oder gerade deswegen - hat Bernd Siggelkow sein Leben verwahrlosten, armen und vergessenen Kindern gewidmet. Siggelkow gründete 1995 das christliche Kinder- und Jugendwerk "Die Arche" - und stellte am Freitag in Düsseldorf sein Buch "Papa Bernd" vor: ein Mix aus Biografie und Entstehungsgeschichte der Arche.

Seit seiner Jugend arbeitet der heute 46-Jährige mit Kindern - wenn auch anfangs nur ehrenamtlich. Mit 16 Jahren leitete er bereits Kindergruppen. Schon damals nannten ihn die Kinder "Papa Bernd". Das fiel in die Zeit, als er die Heilsarmee kennenlernte und Christ wurde; einen Ort fand, wo er sich wohlfühlen konnte. Genau solche Orte wollte er selbst schaffen - mittlerweile gibt es neun Archen in Deutschland, unter anderem in Berlin, Düsseldorf-Wersten, Hamburg, und eine Arche in der Schweiz. 70 Mitarbeiter betreuen mehr als 1.000 Kinder.

Dabei war der Anfang schwer. Siggelkow wurde Pastor bei der Heilsarmee, bot Kindergottesdienste an, besuchte Kinderspielplätze und fragte die jungen Menschen nach ihren Wünschen. Sein erstes Kinderfest in Berlin-Hellersdorf war hoffnungslos überfüllt, statt den erwarteten 100 kamen 300 Kinder - die Räume waren zu klein. Einige mussten sogar nach Hause geschickt werden. Doch Siggelkow ließ sich nicht entmutigen, und startete ein wöchentliches Kinderprogramm in einem Jugendklub, der sich über Spenden finanzierte.

Nach einiger Zeit mietete er ein Ladenlokal für die offene Kinder- und Jugendarbeit an - und wurde weiter von ständigen Geldsorgen geplagt. Die Renovierungsarbeiten übernahm er selbst, manchmal übernachtete er mit seiner Frau Karin sogar in den Arche-Räumen. Doch Geld gegeben wurde immer - und so wuchs das Projekt, das sich zu 100 Prozent aus Spenden finanziert.

Wenn man ihn fragt, wie viele Archen er sich wünscht, zögert Siggelkow nicht: "Am besten sollte es keine geben müssen, weil wir dann keine brauchten." Ein Traum, der vergebens ist, fügt er hinzu. Das merkt er in der täglichen Arbeit nur allzu oft. Wenn ein Mädchen berichtet: "Mama hat gestern zu mir gesagt, dass sie mich lieber hätte abtreiben sollen." Oder wenn ein Junge erzählt, sein Vater hätte ihn angeschrien: "Verpiss’ dich aus meinem Leben."

Zwischendrin gibt es aber auch immer wieder Erfolgsgeschichten. Ein Mädchen, das als Kind missbraucht wurde und Selbstmordgedanken hatte, und das regelmäßig die Arche besuchte, wurde unter anderem durch ständige Gespräche und Unterstützung der Arche-Mitarbeiter aufgefangen - die heute 23-Jährige arbeitet nun als Altenpflegerin, hat ein geregeltes Leben.

Siggelkow, der verheiratet ist und sechs Kinder hat, sagt Sätze wie "Kinder sind nicht nur unsere Zukunft, sondern auch unsere Gegenwart", ohne dabei pathetisch zu wirken. Er prangert an: "Wir brauchen neben den staatlichen viele weitere soziale Einrichtungen, sonst sieht es für unsere Kinder düster aus. In Berlin etwa leben 38 Prozent aller Kinder in Hartz-IV-Familien."

Die größten Probleme der Gesellschaft sieht er in der Kinderarmut und in Familien ohne Stabilität. Chancengleichheit gibt es für ihn nicht. "Wenn ein Kind arm ist, ist es von so vielem ausgeschlossen: Es hat oft kein Verkehrsticket, fährt selten in den Urlaub oder kann den Zoo nicht besuchen."

www.kinderprojekt-arche.de

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