Bestseller-Autor Sebastian Fitzek: „Man wird etwas schizophren“

Interview: Bestseller-Autor Sebastian Fitzek über das Schreiben, seine Thriller-Figuren und das Geheimnis seines Erfolgs.

Berlin. Sebastian Fitzek ist seit seinem Debüt "Die Therapie" zu einem der erfolgreichsten deutschen Thriller-Autoren avanciert. Mit dem Psychothriller "Der Augensammler" - auf Platz drei der Spiegel-Bestsellerliste - hat er seinen sechsten Roman vorgelegt.

Herr Fitzek, Sie könnten Ihre Vita wie eine Erfolgsstory schreiben: promovierter Jurist, Programmdirektor beim Radio, Bestseller-Autor. Stattdessen gehen Sie selbstironisch mit Ihrer Karriere um - als wären Sie selbst überrascht darüber, wie gut es läuft.

Fitzek: Ich bin nicht überrascht, sondern in vielen Punkten dankbar und mir bewusst, dass ich sehr viel Glück hatte mit bestimmten Personen, die ich kennenlernen durfte. Ich hatte das Glück, mit Rüdiger Kreklau, der leider schon verstorben ist, einen klassischen Mentor zu haben, der nicht nur für die eigene Karriere kämpft, sondern auch anderen ein paar Türen öffnet. Wenn man so etwas nicht hat, kann es sein, dass man trotz allen Talents in der Versenkung bleibt.

Sind Sie da angekommen, wo Sie immer hinwollten?

Fitzek: Bücher schreiben war für mich nur einer von mehreren Träumen. Als Teenager wollte ich Tierarzt werden, vorher Tennisstar, später Schlagzeuger in einer Band. Das hat aber alles nicht so hundertprozentig geklappt. Und ich habe nun mal immer viel gelesen und fand es eine ganz tolle Vorstellung, in den Supermarkt zu gehen, und da steht ein Buch von dir.

Aber ich habe nicht bewusst und konsequent darauf hingearbeitet. Ich habe Jura geliebt - für eine gewisse Weile. Dann habe ich das Radio geliebt - bis zu einem gewissen Punkt. Und dann habe ich gesagt: Jetzt probierst du mal zu schreiben. Aber im Kern ging es immer darum, Geschichten zu erzählen. Insofern ist das Schreiben die Konsequenz aller meiner bisherigen Tätigkeiten.

Wie viel Fitzek steckt in Ihren Figuren?

Fitzek: Das Unterbewusstsein schreibt immer mit. Es entsteht ein Mix aus Dingen, die man selbst mal erlebt oder beobachtet hat und loswerden will, aber dann natürlich auch aus komplett erfundenen Dingen, die sich aus der Figur heraus entwickeln. Als Autor kann man dann selbst nicht mehr unterscheiden: Bin ich das jetzt oder ist das die Figur?

Ich hielt es früher immer für Autoren-Blabla, wenn gesagt wurde, man ist nicht mehr Herr der Figuren. Aber das stimmt. Man wird etwas schizophren und kann am Ende nicht mehr sagen: Was ist von mir da drin, und was hat die Figur originär? Dann erwacht sie zum Leben, und ich kann nur hoffen, dass sie das nicht nur für mich tut.

Was ist für Sie das Schönste an Ihrem Beruf?

Fitzek: Das Allerschönste ist, dass man all die Dinge, die man im Leben immer mal tun und sagen wollte, verarbeiten kann. Jeder kennt die Situation, in der jemand eine Bemerkung macht, und eine Stunde später fällt einem eine viel schlagfertigere Antwort ein als die, die man gegeben hat. Beim Schreiben kann ich über eine Erwiderung eine Stunde lang nachdenken. Man kann sich tatsächlich selbst verwirklichen, das ist ein Geschenk. Man wird zum Helden, der man im realen Leben nicht sein kann. Die Freiheit, die man im Beruf des Schriftstellers hat, ist mit nichts zu vergleichen.

Gibt’s einen Tipp für das Thema des nächsten Romans?

Fitzek: Es wird wahrscheinlich etwas mit dem "Augensammler" zu tun haben, aber es gibt keine Fortsetzung, sondern eine völlig andere Geschichte - mit einer Person, die man schon kennt.

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