Bernard Tapie: Minister, Pleitier, Abenteurer

Skandalkönig und Stehaufmännchen: Bernard Tapie wagt zu seinem 70. Geburtstag mal wieder ein Comeback.

Paris. Im Fußball hat er als Clubchef Großes vollbracht, als Firmensanierer war er noch erfolgreicher — seine Abstürze waren mit Millionen-Pleiten und Gefängnisaufenthalt dafür umso brutaler. Bernard Tapie, eine der schillerndsten und umstrittensten Figuren in Frankreich, versuchte sich auch als Minister, Schauspieler, Sänger, Buchautor und sogar als TV-Moderator. An so etwas wie „Rente“ denkt der Skandal-König und Überlebenskünstler aber noch lange nicht - auch wenn er Samstag 70 wird. Er übernahm nun die wichtigsten Zeitungen Südfrankreichs. Viele vermuten (und fürchten): Der Mediencoup soll Sprungbrett für ein neues Politikabenteuer sein.

Dass er mit Hilfe seiner neuen „Sprachrohre“ das Rathaus der Mittelmeer-Metropole Marseille stürmen wolle, verneint Tapie: „Das schwöre ich beim Leben meiner Kinder“, sagte er vor wenigen Tagen dem Magazin „Le Point“. Doch die wenigsten glauben ihm. Hatte doch der deutlich jünger aussehende Draufgänger vor wenigen Monaten noch beteuert, er wolle keine Zeitungen übernehmen. Dann kaufte er mit 51 Millionen Euro die Mehrheit an der Gruppe Hersant Média, die die einflussreichen Regionalblätter „La Provence“ und „Nice-Matin“ herausgibt.

Nach großen Erfolgen als Chef des Radsportteams La Vie Claire übernahm er 1985 Olympique Marseille. Bald führte er den Fußball-Traditionsclub aus einer jahrelangen Krise in die beste Phase der Vereinsgeschichte. Mit ihm als Präsident gewann OM vier Ligen in Folge (1989-1992), 1993 als einziger Verein Frankreichs die Champions League.

Tapie avancierte damals zum Volkshelden. Doch er sollte sich nicht lange darüber freuen können. Nach dem Gewinn des fünften Ligatitels in Folge kam 1993 heraus, dass Funktionäre vor dem Spiel gegen Valenciennes Schmiergelder gezahlt hatten. Der fünfte Titel wurde aberkannt, der Club 1994 in die zweite Liga strafversetzt.

Zu der Zeit erklärte Tapie auch seine Insolvenz. Er wurde dann 1997 sowohl wegen Bestechung als auch wegen Unterschlagung und anderer Delikte zu mehreren Jahren Haft verurteilt, saß aber nur zehn Monate ab.

Der als Arbeitersohn geborene Tapie studierte zunächst Ingenieurswissenschaften, sang Chansons und verkaufte TV-Geräte, bevor er in den 80er Jahren mit der Sanierung insolventer Firmen Milliarden scheffelte. Während der Präsidentschaft seines Freundes François Mitterrand wurde er zudem Minister für Städteangelegenheiten. Brutal war sein Absturz aber auch in der Geschäftswelt. Die Übernahme des Sportartikelherstellers Adidas 1990 ging nach einigen Jahren gewaltig schief. Er musste verkaufen und wurde wegen zahlreicher Unregelmäßigkeiten verurteilt.

Er verbrachte dann Jahre fern der öffentlichen Aufmerksamkeit, hatte wenig Geld — bis er 2008 plötzlich wieder zu Reichtum kam: In der „Adidas“-Affäre wurden ihm 285 Millionen Euro Schadensersatz zugesprochen, weil die Bank Crédit Lyonnais ihn beim Verkauf des Konzerns übervorteilt hatte.

Obwohl Tapie sagte, er vermisse den Fußball, bereitet er neben dem Zeitungsgeschäft offiziell nur eine Theater-One-Man-Show über sein Leben vor. „Ich habe zwei oder drei Sachen zu sagen“ soll in diesem Herbst uraufgeführt werden. Seine Gegner haben auch etwas dazu zu sagen: Wenn Tapie in die Politik gehe, werde er mit seinem „Ehrgeiz und der Politik von König Geld“ die Demokratie in Gefahr bringen, warnt der Grünen-Politiker Sébastien Barles.

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