Armin Mueller-Stahl: Der James Bond der DDR

Armin Mueller-Stahls zweite Karriere begann 1980 im Westen. Am Freitag wird der Schauspieler 80 Jahre alt.

Berlin. Bis heute halten ihn die Leute auf der Straße gelegentlich für Thomas Mann: Armin Mueller-Stahl spielte den hanseatisch unterkühlten Schriftsteller in Heinrich Breloers Fernseh-Dreiteiler „Die Manns“ 2001 so dicht und authentisch, dass der Darsteller unverbrüchlich mit der Fi- gur verbunden bleibt. Dabei war er einst wegen „mangelnder Begabung“ von der Schauspielschule geflogen.

Am Freitag wird Armin Mueller-Stahl 80 Jahre alt und als einer der ganz wenigen deutschen Schauspieler gefeiert, der auch international große Erfolge hatte. Für die Rolle des fordernden Vaters von Pianist David Helfgott in dem Musikerdrama „Shine“ wurde er 1997 mit einer Oscar-Nominierung geehrt.

Zugleich steht er wie kaum ein anderer für die Geschichte der deutschen Trennung: Einst der beliebteste und bestbezahlte Schauspieler der DDR, musste er mit 50 im Westen eine neue Karriere beginnen.

„Inzwischen bin ich ein Maler, der auch schauspielert und nicht mehr ein Schauspieler, der auch malt“, sagt er. Um seine Bilder und Zeichnungen reißen sich die Museen. Mit Büchern wie „Verordneter Sonntag“ oder „Drehtage“ ist Mueller-Stahl auch als Autor erfolgreich. Und gerade brachte er mit dem Filmkomponisten Günther Fischer seine erste CD heraus.

Ganz zufrieden ist Stahl dennoch nicht. „Im Nachhinein würde ich in meinem Leben einiges anders machen“, gesteht er. „Da stünde die Musik an erster Stelle, dann käme das Malen, das Schreiben — und am Schluss erst die Schauspielerei.“

Mit der Musik hatte der im ostpreußischen Tilsit geborene Mueller-Stahl angefangen: In Ost-Berlin ließ er sich als Konzertgeiger ausbilden, wechselte aber bald in die Schauspielerei, für ihn damals „die einfachste Art, Brötchen zu verdienen“. Fast 25 Jahre war er beim Berliner Theater am Schiffbauerdamm und später bei der Volksbühne verpflichtet. In Film und Fernsehen avancierte er zum Publikumsliebling der DDR.

Zum Bruch kommt es, als der Schauspieler 1975 seine Rolle als charmanter Ost-James-Bond in der beliebten TV-Serie „Das unsichtbare Visier“ aufkündigt — ein Affront gegen die Oberen. Als er kurz darauf auch noch die Resolution gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann unterschreibt, bekommt er kaum mehr Rollen.

Seine Übersiedelung nach West-Berlin 1980 muss er mit einem Brief an Erich Honecker buchstäblich erbetteln. „Ich bitte um nichts, außer dass ich behandelt werde wie jemand, der diesem Land auch genützt hat.“ Doch auch im Westen Deutschlands gibt es Probleme. Starregisseur Rainer Werner Fassbinder versuchte, ihn mit der Hälfte des Honorars abzuspeisen, das er den West-Darstellern zahlte. Gleichwohl wird der Film „Lola“ zur Eintrittskarte für die zweite Karriere Mueller-Stahls. Dass er als „unangepasster Einzelgänger“ gilt, stört den Schauspieler wenig. Trotz seines gütigen Lächelns vermittelt er eine Aura der Einsamkeit, die auch vielen seiner Figuren anhaftet: Ob als ungarischer Emigrant in Costa Gavras „Music Box“ oder als polnisch-jüdischer Großvater in „Avalon“.

„Ich glaube nicht, dass Erfolg oder Ruhm beim Abschiednehmen helfen“, hatte Mueller-Stahl einst erklärt. „Es geht doch am Ende nur darum, wie man in die Kiste steigt, und wenn es irgend geht, möchte ich fröhlich in die Kiste.“

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