Anne-Sophie Mutter: Das Wunderkind wird 50

Die Weltkarriere der Ausnahmegeigerin Anne-Sophie Mutter begann, als sie 13 war. Heute fördert sie junge Talente.

München. Zum Feiern hat sie keine Zeit: Gerade erst ist Anne-Sophie Mutter von einer Asientournee zurückgekehrt, gleich danach nahm sie mit den Berliner Philharmonikern eine neue CD auf. Im Sommer folgen Konzerte unter anderem in Luzern, wo ihre Weltkarriere 1976 begann. Da war sie noch ein Kind. Der große Dirigent Herbert von Karajan nannte sie ein „Wunder“. Seit mehr als dreieinhalb Jahrzehnten begeistert die im badischen Rheinfelden geborene Ausnahmegeigerin ihre Zuhörer auf allen Kontinenten. Am Samstag wird sie 50.

Spätestens seit ihrem Debüt unter Karajans Leitung 1977 bei den Salzburger Festspielen gehört sie zu den wirklich großen Geigen-Virtuosen unserer Zeit. Sie konzertiert mit Orchestern von Weltruf, tritt mit den berühmtesten Dirigenten auf — und setzt sich neben der Nachwuchsförderung leidenschaftlich für zeitgenössische Musik ein. Regelmäßig schreiben Komponisten Werke für sie.

„Es ist dieses Erarbeiten einer ganz fremden Materie und die Tatsache, dass ich zwar seit 35 Jahren konzertiere, aber dank der zeitgenössischen Werke immer wieder Aspekte des Geigenspiels entdecke, denen ich noch nicht begegnet bin — auch technische Schwierigkeiten“, sagte sie einst. „Das ist dann zuerst frustrierend, aber es ist auch wahnsinnig spannend, diese Nuss zu knacken.“

Seit langem beklagt sie Defizite in der Musikausbildung. „Es ist wahnsinnig wichtig, in den Kindergärten anzusetzen, weil Musikunterricht da genau in das richtige Alterszentrum trifft, nämlich in eine Periode, in der das Kind seinen eigenen Körper, seine eigene Stimme erfährt und in der das ganze begreifend erforscht wird“, sagt die zweifache Mutter. „Mir liegt das Thema sehr am Herzen, weil ich da so viele Fähigkeiten in Kindern brachliegen sehe und wir sie so schrecklich früh auf die sich monetär später auszahlenden Fächer hin drillen.“

Die Musikstadt München ist für die Künstlerin Schaltzentrale ihrer vielfältigen Aktivitäten, wenn sie gerade nicht in New York oder Tokio spielt. Von Bayern aus steuert sie auch ihr weltweites Engagement für hervorragenden künstlerischen Streichernachwuchs — die Anne Sophie Mutter-Stiftung. Sie unterrichtet von ihr ausgewählte Schüler oder hilft bei der Wahl des passenden Lehrers und bei der Suche nach dem geeigneten Instrument. Ihre Stiftung vergibt Kompositionsaufträge, „was ich besonders spannend finde, weil natürlich immer noch große Repertoirelücken vorhanden sind“.

Ans Karriereende denkt Mutter nicht, aber: „Ich lege in regelmäßigen Abständen Pausen ein, entweder einjährige oder wenigstens mehrmonatige, um aus der Distanz zu überprüfen, ob das Hamsterrad, in dem jeder von uns sich bewegt, das Hamsterrad ist, in dem ich leben möchte.“ In diesen Phasen legt sie ihre millionenteure Stradivari länger beiseite. „Ich hab’s immer so gehalten. Ich war nie ein Vielüber im Sinne von endlosen Stunden täglich.“

Zwar spielen auch Anne-Sophie Mutters Kinder Instrumente, doch ein Familientrio gibt es nicht: „Wir musizieren selten zusammen, weil das Haus schon so voll ist mit Musik.“ Von ihren inzwischen erwachsenen Kindern wird keines Berufsmusiker — „ein Wahnsinniger in der Familie reicht“.

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