Aline Westphal: Sie haut in unsichtbare Saiten

Die 27-jährige Aline Westphal ist Deutsche Meisterin im Luftgitarre-Spielen. Am Freitag tritt sie bei der WM in Finnland an.

Hildesheim/Oulu. Sie schüttelt ihr Haar, ihre Arme fliegen durch die Luft, und dann macht sie einen beherzten Sprung. Aline Westphal greift in unsichtbare Gitarrensaiten und lässt sich zu den Klängen der Foo Fighters gehen. Die 27-jährige Hildesheimer Studentin spielt Luftgitarre — und das so gut, dass sie Deutsche Meisterin ist. Am Freitag will sie noch einen Titel dazugewinnen. Sie tritt vor 7000 Zuschauern bei der Weltmeisterschaft im Luftgitarre-Spielen im finnischen Oulu auf.

„Ich bin ganz schön aufgeregt“, räumt Westphal kurz vor ihrer Abreise ein. Vor so vielen Leuten habe sie noch nie gespielt. Auf der Bühne wird sie zu „The Devil’s Niece“ (Des Teufels Nichte). „Diese Rolle schützt mich, ansonsten hätte ich wirklich Hemmungen, vor so vielen Menschen abzugehen.“ Peinlich ist es ihr nicht mehr, „aber beim allerersten Mal war es total unangenehm“.

Das erste Mal war vor zwei Jahren: „Ich habe das Luftgitarre-Spielen sozusagen an der Uni gelernt. Ein Dozent hat ein Seminar angeboten, das sich sowohl theoretisch als auch praktisch damit auseinandersetzte“, erinnert sich Westphal. Bedingung für das Bestehen des Kurses: die Teilnahme an der Deutschen Meisterschaft. Seitdem hat die 27-Jährige die Luftgitarre nicht mehr aus der Hand gelegt und holte sich schließlich den Meistertitel.

Regelmäßige Übung gehöre dazu, „das muss wirklich gelernt sein“, versichert die Studentin. Angefangen beim richtigen Umhängen der Gitarre bis hin zum Greifen. „Man muss ein echtes Gefühl dafür vermitteln, dass man eine Gitarre in der Hand hält, die Größe und das Gewicht.“ Das mache die Kunst aus, „bei einigen Luftgitarristen hat man das Gefühl, sie spielen Ukulele“, sagt die Studentin Szenischer Künste, die ihre Diplomarbeit zur Kulturgeschichte der Luftgitarre schreibt.

Ein eigener Stil erhöht die Wiedererkennung. „Ich habe spezielle Schrittfolgen und Armbewegungen“, demonstriert sie mit einem Griff in die Luft. Weil sie ohne ihr unsichtbares Instrument nicht mehr kann, hat Westphal kurzerhand mit drei Kommilitonen eine Luftrock-Oper kreiert, die sie regelmäßig aufführen. „Wir haben uns eine Handlung ausgedacht, bei der die Luftgitarre natürlich im Mittelpunkt steht.“

Echte Gitarre spielt die Meisterin zwar auch, „aber das reicht gerade mal für Lagerfeuer-Akkorde“. Der Vorteil einer Luftgitarre sei eben, „dass man sie immer dabei hat und sich so richtig austoben kann“. Das macht sie vorzugsweise auch beim Feiern in der Diskothek, weniger zur Freude ihrer Freunde, denen das manchmal unangenehm ist. „Da müssen sie durch“, sagt Westphal dazu nur. Alleine mit dem Gitarren-Karaoke sei sie dort aber selten: „Ganz häufig sieht man Jungs auf der Tanzfläche ihre Luftgitarre auspacken“, hat sie genau beobachtet.

Unter die ersten zehn zu kommen bei der Weltmeisterschaft in Finnland, wäre für die Deutsche Meisterin schon ein großer Erfolg. „Die Konkurrenz ist stark und größtenteils männlich“, räumt sie ein. Doch die muss es erst einmal mit der „Nichte des Teufels “ aufnehmen.

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