DSDS: Zehn hoffen auf Bohlens Gnade

Am Samstag starten die Mottoshows bei DSDS — diesmal (fast) ohne Verhaltensauffällige.

Düsseldorf. Das Auffälligste ist, dass niemand sonderlich auffällt. Noch nie war das Kandidatenfeld bei „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) so arm an möglichen Favoriten wie in der laufenden achten Staffel, die Samstag mit der ersten von neun Mottoshows in die heiße Phase geht.

Klar, es gibt die blond gesträhnte Stimmungskanone, die dank Kenntnis sämtlicher Après-Ski-Hits zum „Schlager-Onkel“ abgestempelt wird (Norman Langen). Auch eine Möchtegern-Diva (Sarah Engels) ist vertreten, der ein Zickenkrieg mit ihrer stilleren Koloratur-Kontrahentin (Nina Richel) angedichtet wird. Natürlich dürfen der traurige Balladenrocker mit dem sozial prekären Background (Marvin Cybulski) und der drollig vor sich hin brabbelnde Schirmmützenträger (Pietro Lombardi) nicht fehlen.

Selbst ein adrett lächelnder Südländer mit Machoallüren (Ardian Bujupi) ließ sich noch finden, an dessen Bad-Boy-Image eifrig gebastelt wird, indem man ihn in der Live-Show am vorigen Samstag aus heiterem Himmel mit angeblichen Verfehlungen gegenüber seinen Mitkandidatinnen konfrontierte.

Doch fern dieser gemeißelten Rollenbilder, ohne die eine Castingshow nicht auskommt, wollte sich bislang noch keine Stimme mit Wiedererkennungswert herauskristallisieren. Den Quoten tut das keinen Abbruch. Aber der Produktion ist anzumerken, dass die Verantwortlichen dem schleichenden Abnutzungsverfall des Formats mit noch mehr Krawall, Inszenierung und verbalen Entgleisungen seitens der Jury entgegensteuern wollen.

Dabei sind es gar nicht die Schmähungen, die ins Kontor hauen. Dass Bohlens Beleidigungssprech ein Fall für den Staatsanwalt sein könnte, weiß man mittlerweile. Es ist die zunehmende Verflachung der Sprache und das bewusste Abdriften in sexuelle Glitschigkeiten, die der aktuellen Staffel eine völlig neue Dimension geben.

Da spricht Jurorin Fernanda Brandao während der Live-Show davon, dass sie gerade wegen des so schönen Gesangs eines männlichen Teilnehmers „mehrere Orgasmen“ gehabt habe. Und Bohlen äußert sich zum Schluss, als von sieben Gesetzten sechs männlich sind, höchst unpassend zu den Geschlechtsmerkmalen der Kandidaten.

Die verbleibenden Kandidaten sind diesem teils entwürdigenden Schauspiel weitere acht Wochen ausgeliefert. Noch funktionieren sie lächelnd und hüftschwingend. Nur mancher zieht die Notbremse. Nils Jörissen , einer der Begabtesten im Recall, hat sich diesem Zotenzirkus durch freiwilligen Ausstieg wohlweislich entzogen.

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