„Drombusch“-Star Witta Pohl ist tot

Hamburg (dpa) - Als „Mutter Drombusch“ hat sie sich in die Herzen von Millionen Fernsehzuschauern gespielt: Witta Pohl ist in ihrer langen Schauspielkarriere in viele Rollen geschlüpft, auf der Bühne wie im Fernsehen - doch für viele ist sie bis zu ihrem Tod die „Mutter Drombusch“ geblieben.

In der populären ZDF-Serie gab sie in den 80er Jahren die resolute Frau, die wie eine Löwin für ihre Familie kämpft. Sie war der ruhende Pol zwischen Onkel Ludwig und Vater Siggi. Ein Part, der ihr wie auf den Leib geschrieben schien und viele Sympathien einbrachte. Genau wie ihr energischer und unermüdlicher Einsatz für Not leidende Kinder in Osteuropa. Im Alter von 73 Jahren hat die Hamburgerin nun ihren schwersten Kampf verloren: Sie erlag einer Leukämieerkrankung.

Es waren die Zeiten vor dem Boom der Privatsender, als die erfahrene Theaterschauspielerin zum Fernsehliebling avancierte. Im Schnitt 51 Prozent der TV-Haushalte sahen die ersten zwölf Folgen der Reihe „Diese Drombuschs“ (1983-1985), die bis 1994 immer wieder mit neuen Staffeln fortgesetzt wurde. Als sich stets aufopfernde Vera Drombusch war Pohl das Oberhaupt des Clans rund um Onkel Ludwig (Günter Strack), Vater Siggi (Hans-Peter Korff), Marion (Sabine Kaack), Tina (Marion Kracht) und Chris (Mick Werup). Als Schauspieler Werup sich vor wenigen Monaten das Leben nahm, war das auch für seine einstige Film-Mutter ein großer Schock. Nur kurze Zeit später - am 9. Februar - sagten ihr nach einem Zusammenbruch die Ärzte, dass sie an einer besonders schweren Form akuter Leukämie leide.

Es begann eine Phase größter Anstrengungen, „der sie sich mit Entschlossenheit und großer Energie stellte“, hieß es aus ihrem Umfeld. So wie sie immer voller Energie gekämpft hat - in ihren Rollen und privat. Denn auch wenn es im Fernsehen in den vergangenen Jahren ruhiger um Pohl geworden war, hatte die Mimin sich längst nicht zur Ruhe gesetzt. Immer wieder war sie für die Kinderluftbrücke unterwegs. Der 1991 von ihr ins Leben gerufene Verein setzt sich für Kinder in Osteuropa ein und organisiert Hilfsgütertransporte. „Schauen wir einmal hinüber zu denen, die auf der Schattenseite dieser Erde leben müssen - und es ist schon ein Glück, wenn wir überhaupt noch einen Blick für jene haben“ - ihr lag das am Herzen.

So ließ es sich Pohl auch nicht nehmen, immer wieder die Hilfstransporte selbst zu begleiten. Seit 1991 war sie zudem Unesco-Sonderbotschafterin für das Tschernobyl-Hilfsprogramm und reiste mehrmals in die Nähe des Atomreaktors. „Eigentlich lebe ich nur noch im Flugzeug“, sagte Pohl einmal. „Ich halte nichts davon, mich aufs Sofa zu legen, selbst mit Fieber nicht.“ Und als sie 70 Jahre alt wurde, löste der Gedanke an den Geburtstag keinen Jubel bei ihr aus: „Zehn Jahre jünger wäre mir lieber, dann könnte ich mehr machen.“ Dreimal war sie verheiratet, dreimal scheiterten die Ehen. Vater ihrer 1967 geborenen Zwillinge Stefanie und Florian ist ihr zweiter Ehemann, Schauspielkollege Charles Brauer. Die Zwillinge sowie ihre fünf Geschwister kümmerten sich bis zuletzt rund um die Uhr um sie.

Pohl selbst, die als Tochter des Gynäkologen Wilhelm Breipohl 1937 im damaligen Königsberg zur Welt kam, wuchs mit fünf Geschwistern auf. 1941 zog die Familie nach Bielefeld, kurz vor Kriegsende wurde der Vater erschossen. „Das war mein erster großer Schmerz - das beschäftigt mich bis heute!“, erzählte sie einmal. Die ersten Nachkriegsjahre lebte die Familie in ärmlichen Verhältnissen. Pohls große Bewunderung galt immer ihrer inzwischen gestorbenen Mutter, die sechs Kinder allein groß ziehen musste. „Sie hat uns alle aufs Gymnasium gebracht, und aus allen ist etwas geworden.“ Die Schauspielerin selbst gab ihr Theaterdebüt - nach einer Ausbildung zur Kosmetikerin und zweijährigem Schauspielunterricht in Berlin - 1957 in Kassel als „Anne Frank“.

Dem ersten Auftritt folgten Engagements an Bühnen wie den Münchner Kammerspielen, dem Schauspielhaus Zürich oder dem Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. Ihre erste Fernsehrolle spielte Pohl 1960 in „Floß der Medusa“, bisweilen zählte sie zu den meistbeschäftigten Darstellerinnen auf dem Bildschirm und wirkte in mehr als 100 Produktionen mit. Noch Ende der 90er Jahre übernahm sie Hauptrollen in den Serien „Happy Birthday“ (ARD), die nach ihrer eigenen Idee entstand, und „Jenny & Co“ (ZDF). Ihre Vielfalt konnte Pohl besonders auf der Bühne beweisen, doch die TV-Zuschauer liebten sie vor allem als Vera Drombusch. Gegen das ihr verliehene Etikett „Mutter der Nation“ sträubte sich die Schauspielerin vehement - die „Mutter Drombusch“ blieb sie für viele dennoch.

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