Das Kindermädchen

Hamburg (dpa) - Jan Josef Liefers wurde zusammengeschlagen und das sogar gern: „Es macht doch Spaß, sich von einer kleinen, zierlichen Frau wie meiner Partnerin Chulpan Khamatova die Fresse polieren zu lassen und trotzdem dabei leidlich charmant zu bleiben.“

Die Szene steht gleich zu Beginn des ZDF-Films „Das Kindermädchen“ am 9. Januar (20.15 Uhr). Eine junge Frau aus Russland dringt in einen deutschen Edel-Clan ein, um Gerechtigkeit für ihre Mutter zu fordern, die in den letzten Kriegsjahren als zwangsverpflichtetes Kindermädchen für eben diesen Clan schuften musste, um endlich verhaftet und beinahe hingerichtet zu werden, obwohl sie damals dem Sohn des Hauses das Leben rettete. Und die Nobel-Fassade der piekfeinen Adelsfamilie kommt schon bald gewaltig ins Wanken.

Über 50 Verlage winkten bei diesem „Kassengift“ ab, als die Autorin Elisabeth Herrmann die Romanvorlage anbot, die dann doch noch ein überraschender Erfolg wurde. „Soviel zum Thema Kassengift!“, meint sie im dpa-Interview mit leichten Triumph in der Stimme. Doch so gänzlich unverständlich bleibt die Skepsis nicht.

Denn auch durch die Verfilmung schimmert zuweilen eine allzu plane Täter/Opfer-Verteilung durch: hier böse Deutsche, dort die vor Edelmut fast überschwappende Russin. Regisseur Carlo Rola widerspricht: „Die Russin ist kein Gutmensch, nur eine voll mütterlicher Gefühle. Und nur die alte Generation repräsentiert bei mir das ewig Unbelehrbare. Über die jüngere, wie die Tochter und ihren Verlobten mit ihrer Gnade der späten Geburt, bricht die Vergangenheit ganz unverhofft herein.“

Natalia Wörner ist diese Tochter. Den Verlobten, einen Anwalt und geschmeidigen Karrieristen, der allerdings zunehmend wacher gegenüber den Untaten von damals wird und sich auf ihre Spur setzt, spielt Jan Josef Liefers. „Ich wollte einen Marcello-Mastroianni-Typ, also einen, der dem Stoff seine Seriosität belässt, dennoch aber die Probleme nicht schwerblütig, sondern mit einer gewissen südlichen Leichtigkeit angeht“, sagt Rola zur Besetzung von Liefers.

Dem Schauspieler gefiel wiederum, das mit ihm das übliche Kriminalklischee durchbrochen wird: „Der Böse geschniegelt, der Kämpfer gegen das Unrecht in Jeans und Lederjacke, ein Underdog.“ Hier darf er elegant sein, smart, „vielleicht gar nicht so sympathisch“, ähnlich wie sein Professor Boerne im Münsteraner „Tatort“.

Ein weiterer Grund für ihn, in diesem Film mitzumachen: die Besetzung der alten Freifrau mit Inge Keller, im Westen weniger bekannt, in DDR-Tagen eine der dort seltenen Großen Bühnendamen, „eigentlich kein Typ, der damals zur Zeit der proletarischen Heldinnen sehr gefragt war“, meint Liefers. Die „Diensthabende Gräfin der DDR“ (Keller ironisch über Keller) steht noch heute mit ihren 88 Jahren auf der Bühne des Berliner Ensembles. Liefers: „Ich bin ihr schon als Schauspielschüler am Deutschen Theater begegnet, genau als ich eine schwere, persönliche kleine Krise durchmachte. Jetzt, nach all den Jahrzehnten, war bei der Begrüßung ihr zweiter Satz: Waren Sie nicht der junge Mann, der damals große Probleme hatte? Und ich war prompt wieder der Schauspielschüler von damals.“

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