Der Zukunft entgegen Herzogin Anna Amalia Bibliothek setzt auf Forschung

Weimar (dpa) - Zehn Jahre nach ihrer Wiedereröffnung ist die Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar auf Weiterentwicklung und Zukunft ausgerichtet.

„Ohne Forschungen, Digitalisierung und Erweiterung des Bestandes besteht die Gefahr der Musealisierung“, sagte Bibliotheksdirektor Reinhard Laube. „Wir müssen uns ablösen von diesem furchtbaren Ereignis und die „produktiven Folgen“ des Brandes vom September 2004 nutzen.“

Die Forschungsbibliothek der Klassik Stiftung war am 24. Oktober 2007 der Öffentlichkeit wieder übergeben worden. Drei Jahre zuvor waren bei einem verheerenden Feuer 50 000 Bücher und 23 Gemälde verbrannt, 118 000 Bücher wurden durch Feuer, Ruß oder Löschwasser beschädigt. Auch der berühmte Rokokosaal nahm großen Schaden und musste danach aufwendig restauriert werden.

Die Brandnarben sind zumeist verheilt. Die Buchverluste der historischen Sammlung konnten durch Kauf oder Schenkung weitgehend ersetzt werden, sagte Laube, seit einem Jahr Direktor der Traditionsbibliothek. Ein Großteil der geretteten Bücher sei restauriert. Für die sogenannten Aschebücher - deren Deckel verbrannt, die Innenseiten jedoch noch teils erhalten sind - wurde in der Stiftung ein Spezialverfahren zur Papierrestaurierung entwickelt. „Wir überlegen, wie dieses Verfahren bundesweit zur Nachahmung gebracht werden kann, beispielsweise durch Ausbildung“, so Laube.

Bei der Digitalisierung der Bestände soll ein spezielles Verfahren eingesetzt werden: die Multispektraldigitalisierung. Mit ihr sollen brand- und wassergeschädigte Texte digital lesbar gemacht werden. „Dadurch sollen diese fragilen Texte nicht mehr - oder nur in Ausnahmen - noch mal in die Hand genommen werden müssen.“

Bei der Sichtung nach dem Brand seien unter den beschädigten Büchern auch etliche musikalische Neuentdeckungen gemacht worden. Darunter seien Werke von den Komponisten Johann Nepomuk Hummel und Heinrich Schütz sowie von Louis Ferdinand von Preußen. Sie müssten nun erschlossen werden.

Unter dem Titel „Verletzte Erinnerung“ sollen sich im Oktober 2018 eine Ausstellung und ein Kolloquium mit dem Thema Bergungsgut in ästhetischer, reaturatorischer und digitaler Perspektive beschäftigen.

Seit 1998 gehört die Herzogin Anna Amalia Bibliothek zum klassischen Unesco-Weltkulturerbe. Zum Bestand zählen derzeit 1,1 Millionen Bände mit Schwerpunkt von 1750 bis 1850. Allein im vergangenen Jahr kamen laut Laube fast 17 000 Bände hinzu. Das vor einigen Jahren fertiggestellte Tiefenmagazin stoße so langsam, aber sicher an seine Grenzen. „Wir reden dabei nicht von einem zweistelligen Jahresbereich“, sagte der Historiker und Bibliothekar.

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