Weltdokumentenerbe Goldener Brief birgt noch manches Geheimnis

Hannover (dpa) - Er ist ein einzigartiger Kulturschatz und erzählt Weltgeschichte aus dem 18. Jahrhundert: Der Goldene Brief des Königs Alaungphaya aus Birma an den britischen König Georg II. wurde 2015 in das Unesco-Weltdokumentenerbe aufgenommen.

Weltdokumentenerbe: Goldener Brief birgt noch manches Geheimnis
Foto: dpa

Der Brief gilt als einmaliges Zeugnis asiatisch-europäischer Beziehungen. Aus Anlass der Übergabe der Unesco-Urkunde an diesem Mittwoch in Hannover beleuchtet erstmals eine Ausstellung die Hintergründe des mit zwölf Rubinen besetzten Schreibens aus reinem Gold. Die Schau „Drei Länder, zwei Könige und ein Missverständnis - der Goldene Brief“ ist von Donnerstag an bis zum 8. September in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek zu sehen.

In der ehemals Königlichen Bibliothek galt der Brief Jahrhunderte lang als Kuriosum, fälschlicherweise hielt man ihn für ein Objekt aus Indien. Erst 2011 entschlüsselte der Birma-Experte Jacques Leider das Freundschaftsangebot des asiatischen Königs an Georg II.

Die 36 Objekte umfassende Ausstellung präsentiert zunächst anhand historischer Karten die drei Schauplätze Birma, London und Hannover. Dann werden die Protagonisten Alaungphaya und Georg II. sowie ihre Herrschaftsgebiete vorgestellt. Neben dem Porträt des britischen Königs steht seine prachtvolle Ernennungsurkunde zum Prince of Wales, sie stammt aus dem Bestand der Bibliothek. Als Hannovers Herrscher in der Zeit der Personalunion gleichzeitig auf Englands Thron saßen, überließen sie viele Kostbarkeiten der Sammlung in der alten Heimat.

Der Goldene Brief kam 1758 nach einer fast zweijährigen, 20 000 Kilometer langen Seereise in London an. Georg II. leitete ihn sofort unbeantwortet an die Bibliothek in Hannover weiter. Dabei wurde die Übersetzung der birmanischen Schriftzeichen nicht mitgeschickt, was dazu führte, dass die knapp 55 Zentimeter lange und 8,5 Zentimeter hohe Kostbarkeit als indisches Objekt eingeordnet wurde.

„Nach wie vor gibt es viele offene Fragen“, sagte Bibliotheksdirektorin Anne May am Montag. Unklar sei etwa, wie der Brief hergestellt wurde und warum Georg II. nicht geantwortet habe. Goldene Briefe hatten die birmanischen Herrscher auch an chinesische Kaiser geschickt, diese seien aber wohl eingeschmolzen worden. „Es wird vermutet, dass es der einzige ist, den es überhaupt noch gibt.“

In blumigen Worten stellt sich Alaungphaya darin unter anderem als „Herr der weißen, roten und buntgescheckten Elefanten“ vor. Er sei innerhalb von sechs Jahren vom Dorfvorsteher zum König von Birma aufgestiegen, sagt der Kurator der Schau, Matthias Wehry. „Er hatte ein außerordentliches kriegerisches Geschick.“

Im Indischen Ozean rivalisierten im 18. Jahrhundert die Flotten der Handelsgesellschaften von Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden. Nach erfolglosen Verhandlungen über ein Handelsabkommen und über Waffengeschäfte mit der East India Company entschied sich der selbstbewusste Alaungphaya schließlich für die direkte Anfrage beim britischen König im inzwischen berühmten Goldenen Brief.

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