Der Fall des Hauses Suhrkamp

Berlin/Hamburg (dpa) - Im Suhrkamp-Streit stehen sich die Parteien weiterhin unversöhnlich gegenüber. Minderheitsgesellschafter Hans Barlach lehnte am Dienstag eine Vermittlung durch den früheren Kulturstaatsminister Michael Naumann ab.

Dieser sei als Mediator ungeeignet, schrieb Barlach in einem Brief, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Naumann habe in „einseitigen Krawall-Stellungnahmen“ bereits offen für die Suhrkamp-Geschäftsführung Stellung genommen, begründete Barlach seine Ablehnung. „Damit machen Sie sich selbst als Mediator ungeeignet.“

Barlach betreibt in verschiedenen Verfahren die Ablösung von Suhrkamp-Geschäftsführerin Ulla Unseld-Berkéwicz. Diese hält über eine Familienstiftung 61 Prozent des Suhrkamp Verlags, Barlach über die Medienholding AG Winterthur die restlichen Anteile.

Suhrkamp-Sprecherin Tanja Postpischil hatte zuvor bestätigt, dass die Familienstiftung Naumann zum Mediator bestellt habe. Barlach liege ein Gesprächsangebot vor. Michael Naumann erklärte in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, er wolle ein Gespräch zwischen den Parteien ermöglichen. Nach seiner Einschätzung bestünden „Missverständnisse auf beiden Seiten“. Naumann sagte: „Niemand will, dass der Verlag liquidiert wird, wie es das Gesellschaftsrecht vorsieht.“

Barlach wirft dem früheren Kulturstaatsminister in dem Brief vor, dieser habe in Interviews und Artikeln bereits öffentliche Bewertungen und Ratschläge zu dem Fall abgegeben, die „sprachlos“ machten. Er selbst kenne die Zahlen des Suhrkamp-Verlags, schrieb Barlach an Naumann. „Sie kennen nur das Mantra der bisherigen Geschäftsführung, man verkörpere den Geist und sei damit so wunderbar erfolgreich. Wenn es keine Leute gäbe wie Sie, die diese Ammenmärchen kritiklos verbreiten würden, dann hätten wir uns viele Prozesse ersparen können.“

Der Schriftsteller Peter Handke attackierte Barlach mit drastischen Worten. „Aber da, da ist, nein handelt ein von Grund auf Böser, ein Abgrundböser. Ein Unhold“, schrieb der für drastische Worte bekannte Autor („Publikumsbeschimpfung“) in der Wochenzeitung „Die Zeit“. Er warf Barlach vor, im Verlag nach der alleinigen Macht zu streben. Barlach habe „als Neueinsteiger in unseren Verlag, in unser Haus, von Anfang an keinen guten Willen gezeigt“, er sei „voll, prall, aufgeblasen prall des bösen Willens“.

Zuvor hatten bereits namhafte Autoren wie Hans Magnus Enzensberger, Uwe Tellkamp und Sybille Lewitscharoff angekündigt, Suhrkamp zu verlassen, wenn Barlach die Macht im Verlag übernehmen sollte.

In einer aufsehenerregenden Entscheidung hatte das Landgericht Berlin kürzlich Barlach Recht gegeben und Unseld-Berkéwicz als Geschäftsführerin abberufen. Die Entscheidung ist aber noch nicht rechtskräftig, Suhrkamp kündigte Berufung an.

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