Ausstellung „Picasso. Fenster zur Welt“ in Hamburg

Hamburg (dpa) - Er gestaltete es auf Leinwänden und Streichholzschachteln, schuf es als Blick in die Außenwelt und als Sicht auf sich selbst: Das Fenster bildete für Pablo Picasso ein lebenslanges Motiv.

Ausstellung „Picasso. Fenster zur Welt“ in Hamburg
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Es thematisiert das Sehen, für den spanischen Klassiker der Moderne (1881-1973) wurde es zum Symbol der Malerei überhaupt. Diesem bislang eher unbekannten Aspekt der Kunst des Großmeisters widmet das Bucerius Kunst Forum in Hamburg eine erhellende, nach eigenen Angaben weltweit erstmalige Ausstellung. Unter dem Titel „Picasso. Fenster zur Welt“ sind dort vom 6. Februar bis 16. Mai etwa 40 Gemälde, Zeichnungen und druckgrafische Werke zu sehen.

Ausstellung „Picasso. Fenster zur Welt“ in Hamburg
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Rund 50 Picasso-Aufnahmen von Fotografen wie Robert Doisneau, Edward Quinn und Brassai ergänzen die Präsentation. Leihgeber sind internationale Sammlungen wie die Picasso-Museen in Barcelona und Paris und das Museum of Modern Art (MoMA) in New York. „Das Fenster ist bei Picasso die Schnittstelle von Künstler und Welt“, sagte Ortrud Westheider, die Direktorin des Hauses. In Zeiten des Umbruchs und der Neuorientierung sei er immer wieder darauf zurückgekommen. Das „Fenster“ habe alle Perioden überdauert, in die man sein Werk sonst gern unterteilt - wie etwa in die Blaue oder die Kubistische Phase.

Ausstellung „Picasso. Fenster zur Welt“ in Hamburg
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Dabei überwand Picasso die Renaissance-Idee des Fensters als eines Abbilds der Wirklichkeit. Bereits als 18-Jähriger setzte er sich mit dem Motiv auseinander. So geriet denn auch sein kleines, in matten Farben gehaltenes Ölbild „Interieur“ von 1900 zum Ausgangspunkt des gesamten Ausstellungsprojekts - in Hamburg einleitend zu sehen. Die Berliner Malerin Esther Horn (50) hatte es im Museu Picasso de Barcelona gesehen und bemerkt, dass man das Dargestellte als Fensterblick in die Umgebung, aber auch als eine auf Rahmen gespannte Leinwand deuten kann. Westheider ließ sich davon inspirieren und erkannte die Gesamtbedeutung des Motivs für Picasso.

Die Schau gliedert sich in acht chronologische Themenfelder wie „Das Fenster als Bild“, „Frauen am Fenster“ und „Todesthemen“. Zu den spektakulären Gemälden gehört der neben einer Fensterbrüstung wie ausgeschnitten wirkende Picasso-Sohn „Paulo als Pierrot“ von 1925 - eine Auseinandersetzung mit dem Rokoko-Gemälde „Gilles“ von Watteau (1684-1721). Oder auch die große, leuchtend bunte „Frau am Fenster sitzend. Marie-Thérèse“ (1932), lebensfrohe Darstellung einer seiner Musen. Von anderer existenzieller Bedeutung sind „Zwei Figuren“ von 1933 in Tinte auf Papier: Hier werden Fenster zu Kampfmitteln der in Picasso rivalisierenden Künste Malerei und Skulptur.

Kurios erscheint dagegen eine Studie für das Bild „Frau vor dem Spiegel“ - der Künstler hat sie 1937 mit Bleistift auf eine Zigarettenschachtel gekritzelt. Dass das künstlerisch gestaltete „Fenster“-Motiv sich bei Picasso auch im praktischen Leben bewähren konnte, beweist der kleine Holzschnitt „Exlibris für Alexandre Paul Rosenberg“ - viele Jahrzehnte lang hat die Pariser Galerie Rosenberg die Miniatur-Fensterdarstellung als Signet verwendet.

Sichtlich haben auch die hochkarätigen Fotografen, die Picasso in seine Häuser und Ateliers ließ, die Rolle der Maueröffnungen in dessen Leben und Schaffen erfasst. Vielschichtig bannte besonders der gebürtige Hamburger Herbert List (1903-1975) das Motiv auf eine Aufnahme von 1944: Sie zeigt ein Pariser Atelier Picassos mit vielen Fenstern - sowie einem Fenstergemälde von dessen Kollegen Henri Matisse aus dem Besitz Picassos.

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