Kraftakt für den Klimaschutz Wie dreckige SUVs Elektroautos finanzieren

Genf. Auch deutsche Autofahrer wollen hoch hinaus. Jeder fünfte Käufer entscheidet sich inzwischen für einen SUV, Trend steigend. Auf dem Genfer Autosalon präsentieren die Hersteller von Audi bis Volvo ein halbes Dutzend Neuheiten.

Der Peugeot 3008 ist zum Auto des Jahres gekürt worden.

Der Peugeot 3008 ist zum Auto des Jahres gekürt worden.

Foto: Uli Deck

Aber die Autoindustrie ist hin- und hergerissen: Die heiß begehrten Fahrzeuge lassen sich zwar teurer verkaufen als Limousinen oder Kombis. Doch sie blasen auch mehr Dreck in die Luft - es drohen Strafen und Fahrverbote. Ungewollt geben die SUVs damit auch den Elektro-Autos Anschubhilfe.

Kraftakt für den Klimaschutz: Wie dreckige SUVs Elektroautos finanzieren
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„SUV machen es uns nicht leichter, unsere Klimaziele zu erreichen. Schlechtere Aerodynamik, etwas mehr Gewicht und häufig etwas mehr an Motorleistung bedeuten mehr Kraftstoff - beziehungsweise Energieverbrauch“, erklärt VW-Chefstratege Thomas Sedran. Trotzdem will VW seine SUV-Angebotspalette verdoppeln - und zugleich mehr Hybrid- und Elektroautos auf den Markt bringen. Denn so „finanziert die Bereitschaft von SUV-Kunden, höhere Preise zu zahlen, die notwendigen Innovationssprünge in der Automobilindustrie“. Das klingt bei den anderen Herstellern ganz ähnlich.

Trotz Kaufprämie sind in Deutschland im vergangenen Jahr nur 11 000 E-Autos neu zugelassen worden - aber 716 000 SUVs und Geländewagen. Hier haben die Kunden heute die Auswahl unter 88 Modellen. Klarer Marktführer ist der VW Tiguan - der SUV-Bruder des Golfs. Dickschiffe wie der Cadillac Escalade oder der Jeep Grand Cherokee mit mehr als 13 Liter Benzinverbrauch auf 100 Kilometer und einem CO-2-Ausstoß von 302 Gramm je Kilometer sind hierzulande selten. US-Präsident Donald Trump hat in diesem Punkt recht - Chevrolet und Cadillac zusammen haben in Deutschland nur knapp 700 Autos verkauft. Allerdings lieferte Jeep 14 000, Ford sogar 28 000 SUVs aus.

Auf dem Genfer Autosalon wurde der Peugeot 3008 zum „Auto des Jahres“ gekürt. „Die Jury erkennt an, dass der Marktanteil von SUVs und Crossover Cars immer weiter steigt“, sagte Jurypräsident Hakan Matson.

Auch der „Liebling der Autodiebe“ steht in Genf wieder auf der Bühne. Diesen Titel bekam Range Rover vom Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft, weil sein Drei-Liter-Turbodiesel bei Ganoven ganz vorne auf der Wunschliste stehen, noch vor dem großen Audi Q7 und dem BMW X6 und X5.

„Den Kunden gefällt die Optik“, sagt ADAC-Experte Martin Ruhdorfer. Das Ein- und Aussteigen fällt leichter, die Übersicht ist gut, „sie haben das Gefühl, da oben besser aufgehoben zu sein“. Allerdings ist ihr Kurvenverhalten wegen des höheren Schwerpunkts schlechter, und für Unfallgegner sind sie gefährlicher. Der Fiat 500 gilt in seiner Klasse als sehr sicher - aber gegen einen Audi Q7 hat er im ADAC-Crashtest keine Chance. Das zeigt auch die Unfallforschung der Versicherer. „Der SUV schlägt höher ein, während ein normaler Pkw den Schweller trifft, der viel Aufprallenergie abfängt“, sagt Forschungsleiter Siegfried Brockmann. „Wenn es zum Unfall kommt, hat ein normaler Pkw als Unfallgegner schlechtere Karten.“

Die SUVs stehen nach einer Studie des Markforschers IHS Markit heute weltweit für jedes vierte verkaufte Auto - und bald werde es jedes dritte sein. Der Trend begann vor einem Jahrzehnt Fahrt aufzunehmen und dürfte laut IHS Markit auch steigenden Spritpreisen und schärferen Umweltauflagen trotzen. Sowohl die Nachfrage als auch das Angebot werden in den nächsten Jahren weiter zunehmen, so die Prognose.

Aber in den wenigsten SUVs steckt noch ein Geländewagen - viele werden nicht einmal wahlweise mit Allradantrieb angeboten, die wenigsten Käufer fahren ins Gelände. Audi zum Beispiel hat seinen kleinen Q2 konsequenterweise gleich tiefergelegt zugunsten von Sicherheit und Verbrauch. Er sieht größer und schwerer aus, aber das ist „eine Designgeschichte“, sagt Ruhdorfer. dpa

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