Was das neue EU-Label über Autoreifen aussagt - und was nicht

Berlin (dpa/tmn) - Die Idee ist gut: Auf einen Blick sollen Autobesitzer beim Reifenkauf erkennen können, wie gut ein Pneu ist. Doch das neue EU-Reifenlabel, an dem ab November kein Weg vorbeiführt, hat Schwächen.

Was Autofahrer dazu wissen sollten, erfahren sie hier.

Am 1. November 2012 wird das bunte Etikett im Reifenhandel Pflicht: Dann müssen fabrikneue Pneus für Autos, Transporter und Lastwagen per EU-Verordnung mit einem Verbraucherlabel gekennzeichnet sein, das bei der Einschätzung der Reifenqualität helfen soll. Experten bezweifeln jedoch die Aussagekraft. Für Winterreifen sei das Label sogar nutzlos. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten dazu:

Wie sieht das EU-Reifenlabel aus?

Die Aufmachung erinnert an die Energieeffizienzaufkleber auf Haushaltsgeräten. Es gibt drei Bereiche. Am auffälligsten ist die Farbskala oben links zur Bewertung des Rollwiderstands. Rechts oben wird die Bremseigenschaft auf nasser Straße benotet, die sogenannte Nasshaftung. Darunter informieren ein Lautsprechersymbol und eine Lautstärkeangabe in Dezibel über das Rollgeräusch, erläutert der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV).

Wie ist die Bewertung des Rollwiderstands zu verstehen?

Je höher der Rollwiderstand eines Reifens ist, desto mehr Motorkraft wird benötigt, um voranzukommen - damit steigt der Spritverbrauch, so der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR). Die Klassen auf dem Label reichen von der Stufe A für besonders gut bis hin zur schlechtesten Klasse G. Jeder Schritt abwärts in der Skala bedeutet einen Mehrverbrauch von rund 0,1 Litern auf 100 Kilometer.

Was sagt das Label über die Nasshaftung aus?

Die mit einer Regenwolke markierte Kategorie gibt Auskunft darüber, wie schnell ein Auto bei einer Vollbremsung auf nasser Fahrbahn von Tempo 80 zum Stehen kommt. Zwischen der besten Klasse A und der untersten Klasse G liegt ein zusätzlicher Bremsweg von bis zu 18 Metern. Mit jeder Abstufung verlängert sich der Bremsweg um mindestens 3 Meter, also fast um eine Wagenlänge oder mehr.

Haben die Dezibelwerte etwas mit der Lautstärke im Auto zu tun?

Nicht unbedingt. Laut ADAC wird das Rollgeräusch außen gemessen und nicht im Auto. Es sagt daher kaum etwas über die Geräuschentwicklung im Wagen aus, sondern nur darüber, wie stark die Umwelt mit Lärm belastet wird. Auf dem Label abgebildet sind drei Schallwellen, je mehr davon hervorgehoben sind, desto lauter rollt ein Reifen ab. Drei gefettete Wellen bedeuten, der Reifen genügt der derzeit gültigen Norm. Sind es weniger, wird bereits der ab 2016 gültige Grenzwert unterschritten.

Wer testet und bewertet die Reifen?

Das machen die Hersteller nach Testverfahren, die die EU vorgibt. Verbraucherschützer kritisieren, dass es bislang keine unabhängigen Kontrollen zur Überwachung der Zertifizierung gibt. Laut Verkehrsclub Deutschland (VCD) ist es zwar nicht vorstellbar, dass große Marken mogeln, bei einigen Anbietern von Billigreifen sei das aber nicht auszuschließen.

Wie aussagekräftig ist das Etikett?

Das Label informiert Verbraucher über insgesamt drei Umwelt- und Sicherheitseigenschaften von Reifenmodellen - mehr aber auch nicht. Es sagt nichts über weitere Leistungsmerkmale aus, etwa Trockenbremsleistung, Aquaplaning-Verhalten, Fahrstabilität und Verschleiß. Das Label könne Reifentests durch Verkehrsclubs, Fachzeitschriften und Verbraucherorganisationen nicht ersetzen, so der Auto Club Europa (ACE).

Warum taugt das Label nicht für Winterreifen?

Das EU-Label gibt keine Auskunft über die Eigenschaften, die für Winterreifen entscheidend sind - etwa Bremsverhalten, Traktion und Kurvenhaftung auf Schnee und Eis, führt der Auto- und Reiseclub Deutschland (ARCD) an. Die Bewertung des Rollwiderstands auf dem Label könnte Verbraucher bei der Auswahl neuer Winterreifen sogar in die Irre führen, moniert der ACE. Die Saisonpneus können laut dem Club keine bessere Note als C bekommen, weil sie für den Einsatz bei Kälte eine relativ weiche Gummimischung benötigen. Ein Winterreifen der Rollwiderstandsklasse C oder schlechter kann daher trotzdem sehr gut bei Winterwetter funktionieren.

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