Vom Neider zum Easy Rider - Den Motorradführerschein machen

Berlin (dpa/tmn) - Erst fehlt das Geld, dann die Zeit. Deshalb macht so mancher erst im fortgeschrittenen Alter den Motorradführerschein. Experten erklären, was der Einstieg in die Zweiradwelt kostet und warum es so wichtig ist, einen guten Fahrlehrer zu finden.

Das vorbeiziehende Motorrad wirkt wie ein Magnet: Der Blick des Autofahrers bleibt am Heck der Maschine haften, bis sie hinter der nächsten Kurve verschwindet. Wie gerne würde er tauschen - doch leider fehlt ihm der passende Führerschein. Der Neid weckt die Lust, nach Jahren noch einmal eine Fahrschule zu besuchen und die Zweiradlizenz nachzuholen. Und so geht es vielen: „Der Großteil aller Motorradnovizen hat schon jahrelang eine Fahrerlaubnis für Pkw in der Tasche“, berichtet Rainer Zeltwanger vom Bundesverband deutscher Fahrschulunternehmen (BDFU).

Die Zeiten, in denen viele Fahrschüler den Führerschein für Auto und Motorrad noch in einem Abwasch gemacht haben, sind vorbei. „Eine Frage des Geldes“, sagt Zeltwanger. Für einen Pkw-Führerschein seien mittlerweile zwischen 1700 und 2500 Euro fällig - wenn alles glatt läuft. „Der Motorradführerschein der Klasse A kostet noch einmal dasselbe“, erklärt der BDFU-Vorsitzende. „Das können sich die wenigsten jungen Menschen leisten, da muss schon eine sehr spendable Oma im Spiel sein.“ Also hat der Pkw-Führerschein Vorrang.

Doch manchem juckt es nach Jahren doch wieder in den Fingern, und auch das nötige Kleingeld ist nach einigen Berufsjahren verfügbar. Wer sich dann den Traum vom Zweiradfahren endlich verwirklicht, sollte dabei allerdings nichts überstürzen, warnt Achim Kuschefski, Leiter des Instituts für Zweiradsicherheit (ifz).

Angehende Biker sollten sich für die Suche nach einer Fahrschule Zeit nehmen und dabei nicht nur auf die Preise schauen. „Der Ausbilder sollte eine hohe Affinität zum Motorradfahren haben und in den Fahrstunden selber auf einer Maschine sitzen, statt im Auto hinterherzufahren“, betont Kuschefski. So könne sich der Schüler beim Lehrer unterwegs eine Menge abschauen, was sich in der Theorie schwer vermitteln lässt, etwa die richtige Fahrtechnik in Kurven.

Zeltwanger gibt zu bedenken: „Bis auf die Funkverbindung sind Fahrschüler auf dem Motorrad sich selbst überlassen, und Fehler können lebensgefährliche Folgen haben - anders als im Auto, wo der Ausbilder notfalls eingreifen kann.“ Deshalb bräuchten Motorradneulinge einen besonders guten Coach, der sie in den Fahrstunden nicht überfordert, ihnen aber auch nicht zu wenig zutraut.

Neben dem Fahrlehrer müssen Führerscheinanwärter auch mit der Trainingsmaschine gut klarkommen. Größe und Gewicht des Motorrads müssen zum Schüler passen. „Deshalb vorher in der Fahrschule zum Probesitzen vorbeischauen“, empfiehlt Kuschefski. Idealerweise stünden dort mehrere Motorräder zur Auswahl. Fahrschulen müssen ihrer Zweiradkundschaft außerdem Schutzkleidung von Kopf bis Fuß zur Verfügung stellen.

Für die Fahrausbildung sollten laut Zeltwanger regulär mindestens vier bis sechs Wochen Zeit eingeplant werden. „Einige Fahrschulen bieten auch Intensivkurse an, die etwa zwei Wochen dauern. Dafür müssen Sie aber Urlaub nehmen“, sagt er. Intensivkurse seien oft auch etwas teurer als die Standardausbildung.

Zwar sollten routinierte Autofahrer die Verkehrsregeln aus dem Effeff kennen, für die Erweiterung ihrer Fahrerlaubnis müssen sie aber trotzdem zehn Pflichteinheiten Theorieunterricht à 45 Minuten absolvieren. „Sechsmal Grundunterricht und viermal Sonderunterricht speziell für Motorradfahrer“, erläutert der BDFU-Vorsitzende. Im Praxisteil sind insgesamt zwölf Sonderfahrten über Landstraße, Autobahn und bei Nacht vorgeschrieben.

„Zu den Pflichtfahrten kommen noch weitere Fahrstunden hinzu. Wer vorher nur Auto gefahren ist, darf nicht unterschätzen, wie viel Zeit es braucht, sich an ein Zweirad zu gewöhnen“, sagt Zeltwanger. „Ich habe selten erlebt, dass jemand nach weniger als 20 Motorradfahrstunden zur Prüfung angetreten ist“, berichtet der Fahrlehrer.

Nach bestandener Prüfung will natürlich kein frisch gebackener Biker lange abwarten - ein eigenes Motorrad muss her. „Für Anfänger eignen sich am besten Allrounder und Naked Bikes mit etwa 600 Kubikzentimetern Hubraum und ABS-Bremsen“, empfiehlt Kuschefski. Handhabung und Sitzposition seien bei diesen Mittelklassemaschinen in der Regel sehr einsteigerfreundlich. „Solche Modelle leisten zwischen 60 und 100 PS - das überfordert Anfänger nicht, reicht zum Überholen aus und wird so schnell nicht langweilig.“

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