Urknall mit vier Zylindern - Die Honda CB 750 Four

Ludwigshafen/Friedrichshafen (dpa/tmn) - „Epochal“, „Meilenstein“, „Urknall“ - die Ehrerweisung könnte kaum größer sein für die Honda CB 750 Four, die mehrfach von Zeitschriftenlesern zum „Motorrad des Jahrhunderts“ gewählt wurde.

1969 kam die neuartige Vierzylinder-Maschine auf den Markt.

Eigentlich war alles nur ein Experiment. „Der Prototyp sollte zeigen, was technisch machbar ist“, sagt der Motorradkenner Reinhard Hopp. Als Honda die CB 750 Four im Jahr 1968 als Showbike auf der Tokyo Motor Show vorgestellte, stand die Serienzukunft der Maschine noch in den Sternen. An einen großen Erfolg glaubte der japanische Hersteller nicht: Von „einem kleinen Kreis von interessierten Liebhabern“ ging man aus. Ein Irrtum. Denn das Motorrad, das ein Jahr nach der Premiere in den Handel kam, war nicht weniger als „ein Urknall“, sagt Hopp.

Das trifft einerseits für die Akustik der Auspuffanlage zu. Denn Fachpresse und Kunden waren vom gewaltigen Sound der Maschine beeindruckt. Das Bahnbrechende aber sollte der Motor selbst sein - „der erste quer zur Fahrtrichtung eingebaute Reihenvierzylinder in einem Serienmotorrad“, erklärt Hopp. Damit erreichte die CB 750 Four für damalige Zeiten beeindruckende 200 km/h.

Unterschätzt wurde die Four, wie sie Liebhaber nennen, in mehrfacher Hinsicht. Neben dem ungewohnten Umgang mit der für damalige Verhältnisse brachialen Kraftentfaltung des 49 kW/67 PS-Motors zum Beispiel beim Thema Lebenserwartung. Experten stellten der Maschine Laufleistungen von wenigen zehntausend Kilometern in Aussicht. Das war laut Hopp eine Fehleinschätzung: „Die pannenfreien Laufleistungen lagen bei mehr als 100 000 Kilometer.“ Schnell übertrafen die Bestellungen die Produktionskapazitäten.

Die bis 1978 gebauten Versionen mit obenliegender Nockenwelle waren besonders haltbar: „Da tropfte kein Öl, die Elektrik funktionierte mustergültig, es gab keine kochenden Batterien, wie bei anderen Modellen am Markt“, so Honda-Experte Hopp. „Und es war eine der ersten Maschinen mit Scheibenbremsen“, fügt Peter Schöller vom Honda CB 750 Four Club in Friedrichshafen hinzu.

Das Markenzeichen schlechthin war aber die 4-in-4-Abgasanlage: „Jeder Zylinder hatte ein eigenes Rohr nach hinten, das sorgte für eine markante Heckansicht“, sagt Schöller, der eine Maschine in der Version K2 von 1972 fährt. Bei den späteren Versionen F1 und F2 wurden 4-in-1-Anlagen montiert.

Allerdings machte die Four auch Probleme: Um den Zylinderkopf nach den ersten 1000 Kilometern nachzuziehen, musste der komplette Motor ausgebaut werden. Kritik gab es auch am Fahrwerk. Wer die Schwingenlager nicht richtig schmierte, spürte die Folgen des schnellen Verschleißes: „Die Stabilität blieb spätestens ab 150 km/h auf der Strecke, dann fing die Maschine an zu pendeln“, sagt Hopp.

Die Honda CB 750 Four rollte zu einer Zeit auf die Bühne, in der Motorradfahren nur etwas für ausgesprochene Fans war. Oder um rein pragmatisch von A nach B zu kommen, stellt Hopp fest. Die Lage war so schlecht, dass etwa BMW darüber nachdachte, die Motorradproduktion einzustellen. So hatte Honda mit der Maschine ein leichtes Spiel, das Motorradfahren neu zu definieren.

„Es gab stinkende, ölige Zweitakter aus der Nachkriegsproduktion, Ein- und Zweizylinder-Viertakter und die V-Twins von Harley-Davidson. Da konnte es keinen anderen Weg geben, als zu mehr Zylindern zu greifen“, erklärt Hopp. Und mit den neuartigen Candy-Metallic-Lacken brachte die Maschine laut Schöller auch Farbe in die Szene. „Vorher waren ja fast alle Motorräder schwarz.“

Das Modell begründete ein neues Zeitalter: Angefangen mit der Version K0 wurden bis 1978 mehr als eine Million Exemplare der japanischen Motorrad-Legende in 13 Modellvarianten gebaut, darunter eine mit Automatikgetriebe und eine mit nur einem Sitz als Polizeiversion.

Heute gesucht sind vor allem die ersten Exemplare, deren Motorblöcke noch im Sandgussverfahren gefertigt wurden. „Die Preise betragen ein Vielfaches des ehemaligen Neupreises von 6500 D-Mark in Deutschland - 22 000 bis 24 000 Euro“, taxiert Hopp. „Und wer eine K0 hat, gibt sie nicht mehr ab.“

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