Teure Freiheit: Das Auto behindertengerecht umbauen

Bochum (dpa/tmn) - Mal eben mit dem Auto zum Supermarkt, in der Stadt Freunde treffen oder übers Wochenende ans Meer fahren - für die meisten selbstverständlich. Doch für Janis McDavid war das viele Jahre nur ein Traum.

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Denn der junge Student aus Bochum ist ohne Arme und Beine zur Welt gekommen.

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Doch seit fast sechs Jahren sitzt McDavid regelmäßig am Steuer eines Mercedes Sprinter. Den rüstete der Spezialbetrieb Paravan aus Pfronstetten-Aichelau für rund 100 000 Euro um. Über eine Rampe kann der 24-Jährige mit seinem Rollstuhl in den Fond des Transportes fahren, von dort aus hinter das Lenkrad klettern und den Wagen mit einem kleinen Joystick steuern, den er sich unter die Schulter klemmt, erläutert Paravan-Chef Roland Arnold.

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Mittlerweile bieten Fahrzeughersteller wahlweise ab Werk oder in Zusammenarbeit mit einer halben Hundertschaft von Reha-Betrieben und Umrüstern die unterschiedlichsten Lösungen an. „Da hat sich in den letzten Jahren sehr viel bewegt“, sagt Achim Neunzling vom Bund behinderter Autobesitzer in Bexbach.

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Das ist für die Autohersteller aber nicht nur ein soziales Engagement, sondern auch ein Geschäft: Allein Neunzlings Verein zählt 5000 Mitglieder. Unternehmen wie BMW haben nach Angaben von Pressesprecher Julian Hetzenecker im vergangenen Jahr rund 7000 umgerüstete Autos verkauft. Paravan baut laut Firmenchef Arnold mehrere tausend Fahrzeuge im Jahr um.

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Zu den Vorreitern gehört der Fiat-Konzern, der nach Angaben von Pressesprecher Florian Büngener bereits 1994 das groß angelegte Programm Autonomy gestartet hat. Aber auch VW, Opel, BMW oder Mercedes haben ein entsprechendes Angebot und dafür zum Teil eigene Entwicklungsabteilungen oder sogenannte Kompetenz-Center eingerichtet. Wo der Hersteller nicht selbst aktiv wird, springen Unternehmen wie Paravan ein: „Wir haben sogar schon Supersportwagen und Oldtimer für Behinderte umgebaut“, sagt Firmenchef Arnold.

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Aber die Mobilität für Behinderte ist auch eine Geldfrage. Zwar räumen die allermeisten Fahrzeughersteller laut Achim Neunzling gegen Vorlage des Behindertenausweises bis zu 30 Prozent Rabatt ein. Doch reiche das in den seltensten Fällen für die Mehrkosten. Deshalb müssen Behinderte nach seinen Angaben von der Arbeitsagentur oder der Rentenkasse ihren Anspruch auf Zuschüsse, Beihilfen und Kostenzusagen prüfen lassen - und bekommen dabei nur unter bestimmten Voraussetzungen ausreichend Unterstützung. Oft gebe es auch nur einen monatlichen Etat von 100 bis 150 Euro für einen Fahrdienst.

Nicht nur das Auto muss nach der Umrüstung zum TÜV, sondern auch der Fahrer wird kontrolliert. „Denn natürlich brauchen auch behinderte Autofahrer einen Führerschein oder müssen nach dem Eintreten ihrer Behinderung die Fahrtauglichkeit bei einer Untersuchung samt Fahrprüfung nachweisen“, sagt der Fahrlehrer Günter Schwarzmann auf der Schwäbischen Alb, der Menschen wie McDavid regelmäßig Unterricht gibt.

Wochenlanges Training, die hohen Umbaukosten und die irritierten Blicke bei den gelegentlichen Polizeikontrollen - Janis McDavid hat das gerne in Kauf genommen. Seit er seinen Sprinter hat, ist er 160 000 Kilometer gefahren. Für Menschen wie ihn gilt wahrscheinlich mehr als für alle anderen: „Autofahren ist für mich ein Stück Freiheit.“

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