Volvo V60: Der Dritte, bitte!

Hamburg (dpa-infocom) - Kombis haben bei Volvo eine lange Tradition. Nur in der Mittelklasse, wo solvente Familienväter Autos wie den Audi A4 Avant oder BMW Dreier Touring kaufen, hatten die Nordlichter nichts zu bieten.

Doch damit ist Schluss: Der V60 schließt die Lücke.

Der dritte Kombi in der Volvo-Familie orientiert sich eher an einem sportlich-dynamischen Lebensstil als an den Lasten des Alltags: Den großen Wochenendeinkauf oder das Gepäck für den Kurzurlaub kann man zwar hinter der schlanken Klappe des 4,63 Meter langen Kombis locker verstauen. Doch wer länger verreisen möchte, muss mit wenigen Handgriffen zumindest die dreigeteilte Rückbank und am besten auch noch den Beifahrersitz umlegen. Denn 430 Liter Kofferraumvolumen sind für einen Mittelklasse-Kombi recht knapp bemessen. Und auch mit 1241 Litern Fassungsvermögen bei umgeklappten Lehnen wird es schneller eng als bei der Konkurrenz. Eine Mercedes C-Klasse beispielsweise kommt in dieser Konfiguration auf 1500 Liter und der Opel Insignia Sportstourer sogar auf 1530 Liter.

Nur beschränkt geeignet für Alltagslasten

Aber Volvo will gar nicht den obersten Lademeister stellen. Viel wichtiger ist den Schweden der Schönheitspreis. Dafür opfern sie bereitwillig ein paar Liter Stauraum, ziehen über der stabilen Schulter früh die Flanken ein, neigen die Heckklappe weit in Fahrtrichtung und lassen das Dach abfallen, als sollte der Kombi eigentlich ein Coupé werden.

Diesen sportlichen Anspruch untermauern die Ingenieure auch mit der Abstimmung des Fahrwerks. Analog zur neuen S60-Limousine lenkt sich der V60 direkter als jeder Volvo vor ihm, ist strammer gefedert und fährt besser um die Kurven. Das ist zwei unterschiedlichen Fahrwerkskonfigurationen mit teilweise aktiven Dämpfersystemen und einer speziellen Elektronik zu verdanken. Sie bremst in engen Kehren immer das jeweils innere Antriebsrad ein wenig ab und zieht den Wagen so förmlich in die Kurven hinein.

Dem Basismotor fehlt es an Durchzug

Um das zu genießen, braucht man allerdings auch die richtigen Motoren. Der neue Basis-Benziner ist es wahrscheinlich eher nicht. Den Vierzylinder mit 1,6 Litern Hubraum gibt es mit 110 kW/150 PS und 132 kW/180 PS. Aber selbst in der stärkeren Variante und mit maximal 240 Nm wirkt der aufgeladene Direkteinspritzer streckenweise sehr bemüht und ist obendrein unangenehm laut. Dem Turbo geht schnell die Puste aus: fast zehn Sekunden bis auf Tempo 100 braucht er und mehr als 220 km/h sind nicht drin. Aber nicht umsonst geht es bei den fünf Benzinern hinauf bis 224 kW/304 PS und bei den drei Dieseln immerhin bis 151 kW/205 PS.

Wo der V60 außen den beinahe mediterranen Verführer gibt, ist der Wagen innen nordisch und nüchtern: Klare Formen und kühle Farben bestimmen das Bild. Bei 2,78 Metern Radstand reist man vorne gut und hinten ordentlich. Man genießt den vielleicht weitesten Verstellweg von Sitzen und Lenkrad und findet alle Schalter und Hebel gut bei der Hand. Nur die Klimaregelung wirkt eher verspielt als praktisch.

Sicherheit bleibt oberstes Gebot

Einer alten Tugenden folgt Volvo auch beim Thema Sicherheit. Das ist eine Kernkompetenz der Schweden, mit der sie deshalb auch in diesem Segment punkten wollen. Airbags, Schleuderschutz und eine stabile Karosse hat jeder. Und Assistenzsysteme für Spurführung, Spurwechsel oder Abstandsregelung kann man auch bei der Konkurrenz kaufen. Aber eine Elektronik, die vor Auffahrunfällen automatisch bremst und mit Hilfe einer Kamera auch Fußgänger erkennt, gibt es in dieser Klasse bei den deutschen Herstellern (noch) nicht. Selbst die Kameras an Bug und Heck, die beim Rangieren auch mal um die Ecke schauen können, sind eine schöne Hilfe.

Fazit: Der Kombi ist die bessere Limousine

Schön gezeichnet, sportlich abgestimmt und sicher wie eh und je, ist der V60 mit den richtigen Motoren eine gute Wahl für ein flottes Familienauto, das manchmal auch ein bisschen mehr schlucken muss. Als echter Lademeister taugt der Lifestyle-Laster zwar nicht. Aber bei nur 1000 Euro Aufpreis gegenüber dem S60 ist der Kombi wahrscheinlich trotzdem die bessere Limousine.

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