Tesla Model S: Elektrischer Überflieger

Berlin (dpa-infocom) — Der Tesla Roadster war nur das Vorspiel, doch jetzt wird es Ernst: Mit dem Model S will der Autobauer beweisen, dass Elektromobilität auch in konventionellen Limousinen funktioniert.

Seit Tesla das Model S am Start hat, muss sich der Elektropionier mit den etablierten Autobauern messen lassen. Von Grund auf wurde das Model S als E-Fahrzeug konzipiert. Nun soll der schnittige Luxusliner für mindestens 68 000 Euro beweisen, dass Elektromobilität nicht nur im Kleinwagen für den Stadtverkehr eine Chance hat, sondern auch konventionelle Limousinen ersetzen kann.

Antritt wie ein Achtzylinder

Das gelingt bereits auf den ersten Metern mit gleich zwei Eigenschaften: Erstens ist der Antritt des 306 kW/416 PS starken E-Motors so imposant wie bei einem Achtzylinder. Wenn bis zu 600 Nm zupacken, dann quietschen die Reifen, man rutscht tief in den Sitz und sprintet davon wie im Sportwagen. 4,4 Sekunden von 0 auf 100 — damit lässt man jeden Porsche stehen. Während es bei anderen E-Autos nach dem Ortsschild zäh wird, schreitet der Tesla auch jenseits der Stadtgrenzen mit großen Schritten aus.

Das zweite, womit der Tesla auf Anhieb beeindruckt, ist seine Reichweite: In der Theorie hat der Tesla mit dem größten der drei optionalen Akkus einen Aktionsradius von schier unglaublichen 500 Kilometern. In der Praxis sind es zwischen 200 und 300. Ganz egal, was man auch tut, schrumpft diese Zahl nur sehr langsam. Wo man bei anderen Elektroautos das Fahrpedal deshalb nur noch sanft streichelt, pflegt man im Model S nach Herzenslust seinen Bleifuß.

Reichweite ohne Risiko

Reichweite - das ist im Tesla ein Synonym von „es wird reichen“. Wenn nicht, baut Tesla gerade ein Netz von Superchargern, an denen man in weniger als einer Stunde kostenlos nachtanken kann. Wer dagegen daheim zapfen möchte, braucht bis zu 24 Stunden Ladezeit.

Dass der Tesla bei Fahrverhalten und Reichweite so beeindruckt, hat einen einfachen Grund: Viel hilft viel, haben sich die Entwickler gesagt und das Model S bis zum Stehkragen voll mit Akkuleistung gepackt. Die stärkste Variante kommt deshalb auf eine Batteriekapazität von 85 kWh - das ist fast viermal so viel wie beim BMW i3. Kein Wunder, dass man damit fahren kann ohne Ende. Viel verwunderlicher ist, wie gut das Auto damit fährt. Immerhin wiegt der Akku allein 800 Kilo. Aber die Luftfederung ist in vier Stufen verstellbar, die Lenkung mit variabler Schärfe ausgestattet — und obwohl das US-Model eher weich und komfortabel ausgelegt ist, kann man das Model S überraschend sportlich fahren und flott durch die Kurven treiben.

Einzigartiges Ambiente

Doch es ist nicht nur der elektrische Antrieb, mit dem das Model S punkten kann. Auch Aussehen und Aufbau sind einzigartig. Von außen sieht der Luxusliner noch vergleichsweise konventionell aus. Aber innen spielen die Designer Captain Future. Sieht man einmal vom Scheibenwischer-Hebel und den Fensterhebern ab, gibt es im Cockpit nur noch zwei Knöpfe für den Warnblinker und das Handschuhfach. Alles andere bedient man über ein riesiges Touchpad, das die gesamte Mittelkonsole einnimmt und ständig online ist. Deshalb findet man darauf nicht nur den Bordcomputer und das Radio mit tausenden Stationen aus aller Welt. Sondern man navigiert mit Google-Maps und surft auf Wunsch auch während der Fahrt durchs Internet.

Dazu gibt es Platzverhältnisse, wie man sie in keinem anderen Auto kennt: Der Innenraum ist riesig und völlig barrierefrei. Und weil der gesamte Antrieb im Unterboden steckt, stehen Bug und Heck für Gepäck zur Verfügung. Vorn bietet das Model S 150 Liter Kofferraum und hinten hat es bei 900 Litern so viel Platz, dass man dort auf Wunsch auch zwei Notsitze ausklappen kann.

Nicht alles perfekt am „besten Auto der Welt“

Ein faszinierendes Antriebskonzept, ein ordentliches Fahrwerk und ein atemberaubendes Ambiente: Ist der Tesla die Luxuslimousine der Zukunft? Ganz so weit sind die Amerikaner dann doch noch nicht. Denn das Model S birgt auch ein paar Enttäuschungen. Materialanmutung und Verarbeitung wollen nicht so recht zum hohen Preisniveau passen. Das revolutionäre Bedienkonzept verliert sich bisweilen in Spielereien.

Dass so ein fortschrittliches Auto fast ganz ohne Assistenzsysteme auskommt, passt nicht ins Bild. Und ein Spitzentempo von 210 km/h ist für die Business-Klasse auf der Autobahn zu wenig. Dazu noch die Unsicherheit nach den Akku-Bränden der letzten Monate. Allerdings gibt es da vorsichtige Entwarnung: Drei bekannte Unfälle bei über 20 000 Autos reichen nicht zur Panikmache, und das Kraftfahrtbundesamt sieht offenbar keinen Grund für einen Rückruf.

Fazit: Die erste Alternative, die eine Alternative sein kann

Nein, auch wenn Firmenchef Elon Musk das gerne so behauptet: Das Model S ist nicht das beste Auto der Welt. Es markiert auch nicht den Anfang vom Ende des konventionellen Automobils, und Mercedes, Audi oder BMW müssen (noch) nicht um ihre Zukunft fürchten. Doch es zeigt auf eindrucksvolle Weise, dass ein Auto mit alternativen Antrieben heute tatsächlich eine Alternative sein kann.

Datenblatt: Tesla Model S P85

Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke

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