Fahrbericht Kia Stinger im Test: Ein Stachel im Fleisch von Audi und Co

Berlin (dpa-infocom) - Gestern Preisbrecher, morgen Premium-Marke? Kia hat in den letzten Jahren einen beachtlichen Aufstieg hingelegt. Jetzt wollen die Koreaner die nächste Stufe erklimmen und mit dem neuen Stinger zum ersten Mal in der Oberliga mitspielen.

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Die mindestens 43 990 Euro teure Sportlimousine sieht nicht nur so nobel aus wie ein Audi A5 oder ein BMW 4er, sie ist auch mindestens genauso sportlich ausgerichtet.

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Mit der Kompetenz der Konkurrenz

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Dahinter steht ein Mann, den Kia und die Konzernmutter Hyundai nicht zuletzt wegen des Stinger nach Korea gelockt haben: Albert Biermann. Er war Entwicklungschef der BMW M GmbH und hat den neuen Imageträger der Koreaner beinahe nach einer Blaupause von 4er und Co entwickelt. Wie BMW seit eh und je setzt auch Kia erstmals auf Heckantrieb. Es gibt ein betont knackiges Fahrwerk, sehr unterschiedlich ausgeprägte Fahrprofile und Motoren, wie man sie bei Kia in Europa bislang noch nicht gesehen hat.

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Schließlich steht an der Spitze ein 3,3 Liter großer V6-Motor, der es auf 272 kW/370 PS bringt. Trotz der vier Endrohre akustisch zwar ein bisschen verhalten, mobilisiert das Triebwerk immerhin 510 Newtonmeter und beschleunigt den Stinger in 4,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Während Audi und BMW da noch locker mithalten, fährt Kia der Konkurrenz bei Vollgas sogar davon: Denn während die Deutschen ihre Autos bei 250 km/h abregeln, lassen die Koreaner dem Stinger freien Lauf und kommen so auf ein Spitzentempo von 270 km/h - auch das ist ein Novum bei Kia.

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Sportliche Grundhaltung

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Viel entscheidender als das Tempo ist die Straßenlage. Dem beim Spitzenmodell obligatorischen Allrad sei dank, kommt der Kia mit so viel Kraft gut zurecht und wirkt nie überfordert. So kann man ihn zwar lasziv über die Landstraßen fliegen lassen und mit ein bisschen bösem Willen sogar mal quietschende Reifen riskieren, man hat den Wagen aber immer gut unter Kontrolle und wird nie böse überrascht.

Denn ganz so weit geht die Liebe zu Leistung und Leidenschaft nun auch nicht. Außerdem gibt es neben dem Stinger GT auch noch zwei etwas bodenständigere Motorvarianten: Einen 2,2-Liter-Diesel mit 147 kW/200 PS und einen Vierzylinder-Turbo, der es bei zwei Litern Hubraum auf 188 kW/255 PS bringt.

Blickfang für die Business-Klasse

Neben dem Fahrvergnügen will der Stinger vor allem mit seiner Form beeindrucken. Auch dafür steht ein Deutscher in Korea. Die Limousine mit dem Coupeheck gilt als Lieblingskind des vor einer kleinen Ewigkeit von Audi abgeworbenen Designchefs Peter Schreyer, der sich so bei den Koreanern endlich wieder an einen Sportwagen herantasten kann. Dabei hat es Schreyer zumindest beim Top-Modell ein wenig übertrieben.

So elegant die Grundform der 4,83 Meter langen Karosse ist und so sehnig die Silhouette des Stinger auch aussieht, so überladen wirkt der GT mit all seinen Kiemen, Schwellern und Spoilern. Da wäre weniger wahrscheinlich ein bisschen mehr gewesen.

Innen stimmt der Stil

Dagegen ist das Auto innen deutlich stimmiger. Erstens, weil es sich noch etwas nobler anfühlt als die ohnehin schon sehr wertigen Kia-Modelle der letzten Jahre und noch liebevoller gestaltet ist. Zweitens, weil es in beiden Reihen genügend Platz bietet und einen mit 406 Litern absolut alltagstauglichen Kofferraum hat.

Drittens, weil die Koreaner ihrem Premium-Anspruch auch mit einer entsprechenden Ausstattung Rechnung tragen. Von den LED-Scheinwerfern über den Tempomat mit Abstandsregelung bis hin zur Sitzheizung im Fond oder der elektrischen Klappe über dem Kofferraum ist deshalb beim Top-Modell alles Serie.

Viele Vorteile und ein Nachteil

Diese Kombination aus reichlich Leistung und einem Hauch von Luxus ist es am Ende auch, die den Stinger tatsächlich zu einem Stachel im Fleisch von Audi und Co machen könnte.

Denn was den Koreanern an Prestige fehlt, machen sie spätestens beim Preis wett: Gegenüber A5 oder 4er spart man bei ihnen schnell mal 10 000 bis 20 000 Euro und bekommt obendrein noch die konkurrenzlosen sieben Jahre Garantie. Das macht Kia auch in dieser Klasse keiner nach.

Fazit: Aufsteiger und Außenseiter

Er sieht gut aus und fährt auch so, ist besser ausgestattet als die Konkurrenz und hat den attraktiveren Preis - damit hätte der Stinger eigentlich das Zeug zum Star in der gehobenen Mittelklasse. Wenn es kein Kia wäre. Denn gerade in dieser Liga zählt Prestige noch mehr als Performance, und Aufsteiger bleiben lange Außenseiter. Doch in der Premiumwelt ist es wie beim Kartenspiel: Wer nicht ausspielt, der kann auch keinen Stich machen.

Datenblatt: Kia Stinger 3,3 T-GDI

Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke

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