Infiniti Q50: Abseits des Alltäglichen

Berlin (dpa-infocom) - Audi A4, BMW 3er und Mercedes C-Klasse - es sind immer die gleichen Autos, die in der gehobenen Mittelklasse den Ton angeben. Doch nun kommt Infiniti und stellt sich dem schier unschlagbaren Trio mit dem neuen Q50 entgegen.

Importmarken tun sich in der gehobenen Mittelklasse schwer. Doch Bangemachen gilt nicht, sagt sich Infiniti und schickt Mitte November zu Preisen ab 34 350 Euro trotzig den neuen Q50 ins Rennen. Denn irgendwo müssen doch die Kunden sein, die eine Alternative abseits des Alltäglichen suchen, hoffen die Japaner.

Mit Sebastian Vettels Knowhow auf Kurs

Infiniti setzt auf ein markantes Design, seinen prominenten Testfahrer Sebastian Vettel und auf eine Technik-Offensive: Als erstes Auto fährt der Q50 mit einer voll elektronischen Lenkung. Wo sonst die Kraft mit einer Welle übertragen wird, kommen hier nur Kabel, Sensoren und E-Motoren zum Einsatz. Nur wenn der Strom ausfällt, gibt es eine mechanische Rückfallebene. Dann schließt sich eine Sicherheitskupplung und man lenkt wie eh und je.

Das System funktioniert bei normaler Fahrt unauffällig und gibt einem ein gutes Gefühl für die Straße. Erst wenn das Tempo anzieht und die Kurven enger werden, wirkt die Lenkung ein wenig synthetisch und lässt die nötige Rückmeldung vermissen. Da wird zum Nachteil, was die Entwickler sonst als größten Vorteil bezeichnen: Die völlige Entkopplung von der Fahrbahn. Denn das System filtert alle Stöße und Vibrationen aus, so dass man selbst auf Kopfsteinpflaster kein Zittern mehr spürt und schnurgerade weiterfährt.

Auto für Individualisten

Als zweites Plus nennen die Ingenieure die einfache Einstellung des Systems. Wer mit dem Setup von Formel-1-Weltmeister Vettel nicht zufrieden ist, der kann mit zwei, drei Klicks auf dem Touchscreen Übersetzung und Unterstützung selbst einstellen und im persönlichen Profil speichern.

Das ist nicht die einzige Verstellmöglichkeit im Q50. Fahrwerk, Infotainment, Getriebe, Anzeigen, Klimatisierung - insgesamt gibt es 96 Kategorien, die man justieren kann. Ohnehin kein Massenmodell, wird der Q50 so vollends zum Auto für Individualisten.

Nur zwei Motoren zur Wahl

Weniger Auswahl bieten die Japaner dagegen unter der Haube: Weil vor allem in Europa kein Weg am Diesel vorbeiführt, haben sie beim Kooperationspartner Mercedes einen Selbstzünder aus C- und E-Klasse mit 125 kW/170 PS eingekauft. Einzige Alternative dazu und typisch japanisch ist der Hybrid-Antrieb. Er kombiniert einen V6-Benziner und eine E-Maschine, kommt auf eine Systemleistung von 268 kW/364 PS und ist betont sportlich ausgelegt. Nicht in erster Linie zum Sparen, sondern zum Spurten nutzen die Japaner die elektrische Hilfsturbine und wuchten den 1,7 Tonnen schweren Wagen deshalb in 5,1 Sekunden auf Tempo 100.

Dabei knurrt er laut und lustvoll, als wolle er es den Sechszylindern aus Deutschland mal so richtig zeigen. Das leise Surren der E-Maschine dagegen hört man nur selten - und nur, wenn man den Fuß ganz, ganz leicht macht. Dann stromert der Q50 für ein paar hundert Meter. Weil das auf dem Prüfstand offenbar besser klappt als in der Praxis, liegen der Normverbrauch bei 6,2 Litern (CO2: 144 g/km). Im Alltag kommt man aber schnell ans Zweistellige heran.

Bildschirmlandschaft im Cockpit

Ablesen kann man die Daten und noch viel mehr in einem eigenwilligen Cockpit. Schließlich haben die Japaner gleich drei große Displays eingebaut. Eines zwischen den arg verspielten Skalenringen für Tacho und Drehzahlmesser und zwei in der Mittelkonsole, die beide als Touchscreen konzipiert sind. Oben läuft die Navigation und darunter ist eine Art Tabletcomputer, über den man das Infotainment oder die Klimaanlage steuert und zahlreiche Apps vom kunterbunten Bordcomputer bis zum Facebook-Profil verwalten kann.

Wer mehr Wert auf klassische Tugenden legt, der kann sich über viel Platz freuen und Sitze genießen, die mit NASA-Methoden entwickelt wurden. Das Knowhow aus der Raumfahrt soll zu einer Konstruktion geführt haben, die besonders ermüdungsfrei ist, so dass man auch nach vielen Stunden entspannt aus dem Q50 aussteigt. Nur der Kofferraum schrumpft beim Hybriden auf magere 310 Liter, weil der restliche Stauraum für die Batterie gebraucht wird.

Fazit: Eine solide Alternative

Das Design des Q50 sticht aus dem Einerlei der Business-Klasse heraus, der Preis ist konkurrenzfähig und im Innenraum kann man sich wohlfühlen. Doch die neue Lenkung ist eine Innovation ohne spürbaren Mehrwert und die aufwändige Personalisierung eine Spielerei, für die sich wohl kaum ein Kunde Zeit nimmt. Auf ihrem niedrigen Verkaufsniveau werden die Japaner ihre Zahlen damit trotzdem mühelos steigern können, zumal der Q50 sehr ordentlich fährt und zwei attraktive Motoren bietet. Doch für einen Überraschungscoup wird das dem Außenseiter in der Business-Liga nicht reichen.

Datenblatt: Infiniti Q50 Hybrid

Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke

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