Rückwärts gerichtete Kindersitze schützen bei Frontalunfall besser

Berlin (dpa/tmn) - Vorwärts oder rückwärts? Die Experten sind sich einig: Beim Frontalcrash sind Kindersitze besser, in denen der Nachwuchs mit dem Rücken zur Fahrtrichtung sitzt. Doch die Montage der Reboarder ist oft schwer, und sie sind sehr teuer.

Rückwärts gerichtete Kindersitze schützen bei Frontalunfall besser
Foto: dpa

Rückwärts gerichtete Kindersitze bieten bei einem Frontalaufprall prinzipiell mehr Schutz. „Bei einem Unfall wird das Kind in den Sitz gedrückt, und die Kräfte verteilen sich besser“, sagt Andreas Ratzek, der für den ADAC die Kindersitz-Tests koordiniert. Dennoch sind sogenannte Reboarder nicht uneingeschränkt zu empfehlen. Teilweise ist ihre Montage vergleichsweise kompliziert, was das Risiko steigert, dabei Fehler zu begehen. „Ein schlecht befestigter Sitz ist immer die schlechtere Wahl“, erklärt Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer beim GDV.

Generell empfehlen die Experten, den Nachwuchs so lange wie möglich in Babyschalen zu befördern, in denen er immer rückwärts fährt. „Aber über die Babyschale hinaus sind Kleinkinder in Reboardern sicherer unterwegs“, sagte Sven Rademacher vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR). Weil der Kopf gegenüber dem restlichen Körper sehr schwer sei, drohten in vorwärts gerichteten Sitzen bei Frontalunfällen die schwererer Verletzungen. Und da bei Kleinkindern Muskulatur und Sehnen im Nackenbereich noch unterentwickelt sind, kann bei einer Kollision die Wirbelsäule stark überdehnt werden. Schwerste Verletzungen können die Folge sein.

Wie lange ein Kind am besten rückwärts unterwegs ist, hängt den Experten zufolge jedoch von weiteren Gesichtspunkten ab. So spielt die Körpergröße eine Rolle. Wenn die Beine zu lang sind und an die Rückenlehne der Sitzbank stoßen, sitzt das Kind womöglich nicht mehr bequem. Auch sollte abgeklärt werden, ob dem Kind übel wird, nennt Siegfried Brockmann ein weiteres Kriterium.

Eine allgemeine Altersempfehlung abzugeben, ist den Experten nach aus diesen Gründen eher schwer. ADAC-Tester Ratzek rät, einen Sitz vor dem Kauf in jedem Fall auszuprobieren. Nicht in jeden Kleinwagen passe ein Reboarder, ohne dass Fahrer- oder Beifahrer Platzeinbußen hinnehmen müssen. Ab einem Alter von gut zwei Jahren seien die Sicherheitsvorteile der Reboarder gegenüber herkömmlichen Kindersitzen aber zunehmend geringer. DVR-Mitarbeiter Rademacher nennt als Richtwert hierfür ein Alter von vier Jahren.

Beim Seitenaufprall, gegenüber dem Frontalcrash zwar die seltenere, aber oft folgenschwerere Unfallart, liegt der Fall ohnehin anders. Hier bieten die Reboarder laut Andreas Ratzek kein nennenswertes Sicherheits-Plus. „Es hängt von der Trefferlage ab“, sagt der ADAC-Experte. Vor allem bei einem 90-Grad-Aufprall könne bei Reboardern von Nachteil sein, dass das Kind konstruktionsbedingt weiter entfernt vom Verankerungspunkt sitze. Dieser liegt meist zwischen Rücksitzlehne und Sitzfläche. Tests hätten gezeigt, dass teilweise die vergleichsweise langen Befestigungen brachen. Je mehr die Kräfte aber von vorn wirkten, desto besser sei prinzipiell der Schutz.

Gegenüber den verbreiteteren vorwärts gewandten Sitzen sind Reboarder die weit teurere Variante. ADAC-Mitarbeiter Ratzek nennt eine Spanne von knapp 300 und 500 Euro. Ein herkömmlicher Sitz ist oft schon für um die 100 Euro zu bekommen. „Aber wenn alle Bedingungen erfüllt sind, ist das eine gute Ausgabe“, gibt Unfallforscher Brockmann zu bedenken.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort