Mercedes SL - Seit 60 Jahren sportlich und leicht

Stuttgart (dpa/tmn) - Er sollte nur ein Rennwagen bleiben: Doch nachdem der Mercedes SL wichtige Wettkämpfe gewonnen hatte, wollten auch Privatleute ans Steuer. So wurde der Sportwagen zum Serienmodell.

Die neue Generation steht gerade in den Startlöchern.

Darauf hatten die Entwickler sehnlichst gewartet: Dass Mercedes endlich in den Rennsport zurückkehren möge. Am 15. Juni 1951 war es soweit, der Vorstand fasste einen entsprechenden Beschluss. In nur neun Monaten entstand bis zur Jungfernfahrt am 13. März 1952 um den Sechszylinder-Motor des 300er herum ein Rennwagen mit Gitterrohrrahmen und Alu-Karosserie. Und auch ein Name war schnell gefunden: Aus den wichtigsten Attributen sportlich und leicht wurde die Bezeichnung SL abgeleitet. In diesem Jahr feiert der offene Sportwagen seinen 60. Geburtstag.

Schon wenige Wochen nach der ersten Testfahrt ging der SL bei der Mille Miglia in sein erstes Rennen. Die Italienrundfahrt beendete er mit dem zweiten Platz. In Le Mans errang er einen Doppelsieg, auf dem Nürburgring waren gleich die ersten vier Fahrzeuge aus Stuttgart. Und auch das damals berühmteste und berüchtigtste Rennen der Welt entschied er für sich: die Carrera Panamericana durch Mittelamerika.

Keiner hatte die 3100 Kilometer lange Strecke bis dato so schnell geschafft wie die Werkspiloten Karl Kling und Hans Klenk. Sie fuhren den 870 Kilo leichten, 132 kW/180 PS starken und bis zu 240 km/h schnellen Flügeltürer nach 18 Stunden, 51 Minuten und 19 Sekunden durchs Ziel und ließen sich auch von dem Unfall mit einem Geier nicht stoppen. Ihr Geschwindigkeitsschnitt lag bei 165 km/h - Streckenrekord. Dumm nur, dass damals nur Profis ans Steuer des SL durften. Zu kaufen war der siegreiche Silberpfeil fürs erste nicht.

Dass aus dem Rennwagen für die Rund- und Langstrecke doch noch ein Sportwagen für die Straße wurde, ist vor allem Männern wie Maxi Hoffmann zu verdanken. Der begeisterte Autoimporteur, ein Amerikaner mit österreichischen Wurzeln, hatte bereits den Porsche 356 nach Amerika geholt und somit den heute wichtigsten Porsche-Markt der Welt erschlossen. In Stuttgart fragte er immer wieder nach dem SL und gab sogar eine Blanko-Bestellung über 1000 Autos auf. Schließlich gaben die Schwaben nach und beschlossen unter dem Werkscode W198 die Serienentwicklung: 14 Monate nach dem Sieg bei der Carrera Panamericana feierte am 6. Februar 1954 der 300 SL seine Premiere.

Dem Serienfahrzeug vererbte Mercedes sportliche Gene, die noch heute zu spüren sind. Wer nach über 50 Jahren hinter dem Steuer Platz nimmt, fühlt noch den Renngeist: Der drei Liter große Sechszylinder-Direkteinspritzer unter der langen Haube leistet 158 kW/215 PS und macht den Sprint des knapp 1,3 Tonnen schweren Wagens auf Tempo 100 in weniger als zehn Sekunden möglich; erst bei 260 km/h ist dann Schluss. Dabei bollern die in den sportlicheren Ausführungen meist direkt aus der Flanke geführten Auspuffrohre lautstark. Drinnen wird es schnell so heiß, dass bald klar ist, weshalb schon kurz nach dem Debüt des Flügeltürers der Wunsch nach einem Roadster laut wurde. Ab 1957 war das Open-Air-Modell lieferbar.

Auch das Fahrwerk des 300 SL von damals ist noch immer eine Freude. Obwohl dem Wagen elektronische Helfer fehlen, lässt er sich problemlos auf Kurs halten. Man braucht nur ein wenig Kraft bei der Betätigung des dünnen und gleichermaßen großen Lenkrads und auch bei einer beherzten Bremsung. Wer dem Rasen im alten SL verfällt, sollte immer im Hinterkopf behalten: Vom Original wurden nur 1400 Coupés und 1851 Roadster gebaut, dementsprechend kostbar ist so eine Preziose.

Laut Michael Kunz vom Mercedes-Classic-Center in Irvine bei Los Angeles gehört er diesseits von Bugatti & Co zu den teuersten Oldtimern am Markt: „Für einen fahrbereiten Wagen zahlt man schnell 100 000 oder 200 000 Dollar, und mit einem besonders guten Auto wird der Preis fast siebenstellig.“ Schon im Premierenjahr war der SL mit einem Neupreis von 29 000 D-Mark alles andere als ein Schnäppchen. Da Mercedes die Baureihe bis heute immer wieder erneuert, gibt es neben den Oldtimern der ersten Stunde aber auch jüngere Gebrauchte, und die sind günstiger zu bekommen.

„Außerdem ist das Geld gut angelegt“, sagt Classic-Experte Cunz. Gut gepflegt und unfallfrei gefahren, sei der Wertzuwachs auf lange Sicht „fast garantiert.“ Als Nachfolger des Originals kam 1963 der Wagen mit dem Werkscode W113, der als Pagode bekannt wurde. 1971 folgte der R107 und 1989 als letzter SL mit Stoffdach die Baureihe R129, die 2001 vom R230 mit demselben Stahlfalt-Faltverdeck ersetzt wurde, das Mercedes beim kleinen Bruder SLK eingeführt hatte. Bis heute haben die Schwaben über 700 000 Exemplare des Sportwagens verkauft.

Pünktlich zum 60. Geburtstag steht nun die nächste Generation des Sportwagens in den Startlöchern. Sie feiert ihre Premiere Mitte Januar auf der North American International Autoshow in Detroit (9. bis 22. Januar) und kommt im Frühjahr zu Preisen ab 93 534 Euro in den Handel. Wie das Original aus den Fünfzigern hat der Neue erstmals wieder eine Karosserie aus Aluminium.

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