Retro trifft Moderne Klassische Motorräder liegen voll im Trend

Unna (dpa/tmn) - Klassischer Look und modernde Technik: Motorräder wie die Kawasaki Z 900 RS rollen voll im Retro-Trend. Doch nicht nur viele traditionsbewusste Biker ziehen die historischen Originale vor.

Retro trifft Moderne: Klassische Motorräder liegen voll im Trend
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Was ist bei den rar gesäten Oldtimern zu beachten, und wie findet man den für sich richtigen Klassiker?

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Am Anfang steht eine Grundsatzentscheidung, sagt Michael Lenzen vom Bundesverband der Motorradfahrer (BVDM): Soll der Klassiker als Wertanlage in der Garage oder gar im Wohnzimmer stehen? Oder will man sich auf den Sattel schwingen? Fällt die Entscheidung fürs Fahren, bedeutet das aber längst nicht, dass der Motorrad-Traum einer vergangenen Jugend auch das passende Gefährt für die Gegenwart ist. „Das Zweirad muss zur jeweiligen Körpergröße passen. Ist es zu groß, kann es riskant werden. Ist es zu klein, wird es schnell unbequem“, sagt Matthias Haasper vom Institut für Zweiradsicherheit (ifz).

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Auf dem Weg zum richtigen Modell können einschlägige Online-Foren helfen. Solides technisches Verständnis, vielleicht sogar eine technische Ausbildung sieht Wulf Weis von der Zeitschrift „Motorrad News“ als Grundvoraussetzung für den Umgang mit Klassikern. Man arbeite schließlich mit einer raren Substanz. „Hat man mangels elektrotechnischen Sachverstands die Lichtmaschine gegrillt, kann es Monate dauern, entsprechenden Ersatz in den Tiefen des Internets ausfindig zu machen“. Die Erfahrung zeige zudem, „dass zwei von drei angebotenen Gebrauchtteilen nicht mängelfrei sind.“

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Zur Besichtigung nimmt der Interessent am besten einen kundigen Biker mit, rät Lenzen. Denn „vier Augen sehen immer mehr als zwei“. Um Wartungsstau definitiv ausschließen zu können, raten er und Haasper, das Motorrad durchchecken zu lassen. Prüforganisationen wie Tüv, Dekra oder GTÜ bieten das gegen eine im Verhältnis zum Kaufpreis geringe Gebühr an. Eine Probefahrt hält Haasper nicht nur aus technischen Gründen für zwingend: „Erst so zeigt sich, ob Sitzposition und Ergonomie stimmen und ob das vermeintliche Traum-Motorrad wirklich zu mir passt.“

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Ein Traum-Motorrad ist zum Beispiel die Honda CB 750 Four rund 50 Jahre nach ihrem Erscheinen noch immer. „Die Honda hat Ende der 60er Jahre eine neue Ära eingeleitet, weg vom Zwei-, hin zum Vier-Takter“, sagt Lenzen. Eine zeitlos schöne Maschine sei das. Der Gebrauchtmarkt sei aber leider auch sehr abgegrast. Ein gutes Exemplar zu einem angemessenen Preis zu finden, „das ist äußerst schwierig und bedarf großer Geduld“.

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„Kawasaki oder Honda - das war damals eine Gewissenfrage wie heute Bayern München oder Borussia Dortmund“, erinnert sich Weis. „Die Honda war technisch ausgefeilter und zuverlässiger, die Kawasaki schneller“. Frankensteins Tochter nannte die Presse die 900 Z1 (ab 1972), weil der Motor dem Fahrwerk deutlich überlegen war. „Das galt im Grunde aber auch für die CB 750 Four.“ Kult sind beide Motorräder.

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„Potenzial zum Kultstatus“ spricht Lenzen auch der BMW K1 zu, die 1988 der erste Supersportler der Marke war: „Ein futuristisch designtes, mit Vollverkleidung auf Geschwindigkeit ausgelegtes Motorrad, das damals polarisiert, heute aber das Zeug zur Ikone hat und noch in ordentlichen Stückzahlen verfügbar ist“. Lenzen bescheinigt der K1 große Zuverlässigkeit, der für BMW damals untypische, liegende Vierzylinder-Motor sei für viele Kilometer gut.

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Ähnlich spektakulär wie die K1 wirkte 1981 auch die Suzuki Katana 1100. „Die Katana war eine Design-Ikone aus der Feder von Hans A. Muth, der zuvor schon die R 90 S gezeichnet hatte, die vielleicht schönste BMW aller Zeiten“, sagt Weis. Die Marktlage sei aber schwach. „Für damalige Verhältnisse fuhr sie sehr gut. Kein Wunder, dass das Material meist stark belastet wurde.“

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Nicht ganz leicht zu finden ist auch die 1970 präsentierte Suzuki GT 750. Dieser letzte hubraumstarke Zweitakter trägt den Spitznamen Wasserbüffel. Die Erklärung: „Der Dreizylinder-Zweitaktmotor war bereits wassergekühlt, braucht aber auch viel Pflege“, so Lenzen. Zudem seien Ersatzteile, wie die anfällige 3-in-4-Auspuffanlage, nur noch schwer zu bekommen.

Weit weniger aufwendig konstruiert und damit ein robuster Brot- und Butter-Klassiker ist Yamahas SR 500 ab 1978. Die Einzylinder-Maschine sei prägend für ihre Zeit gewesen und habe dem damals vorherrschenden „Höher-Schneller-Weiter-Gedanken“ ihren ganz eigenen Charakter entgegengesetzt, sagt der BVDM-Mann.

Ultimativer Gegenentwurf zu Einzylinder-Maschinen wie der SR 500 war 1974 die Benelli 750 Sei. Mit ihrem Sechszylinder ist sie heute „ein absolutes Liebhaber-Motorrad, das zu sehr hohen, teilweise exorbitanten Preisen gehandelt wird“, sagt Wulf Weis. Er vermutet, „dass eine solche Rarität weniger Fahrer als Sammler anspricht und eher im Wohnzimmer als auf der Straße zu finden ist“.

Immer draußen und oft dort, wo die Straße längst aufgehört hatte, war seit 1988 die Honda Africa Twin unterwegs. „Die V2-Motoren von Honda gehören zu einer der erfolgreichsten Motoren-Generationen, die jemals im Motorrad-Sektor verbaut wurden“, so Weis. „Extreme Zuverlässigkeit und Langlebigkeit zeichneten diese Motoren aus, das hatte beinahe schon Auto-Niveau“. Zudem sei die Africa Twin erfolgreich gewesen bei Hondas Bestreben, eine taugliche Reise-Enduro am Markt zu etablieren. Schließlich gebe es heute wieder eine Africa Twin.

Ähnliches galt ab 1980 für die BMW R 80 G/S. Sie bedeutete für die Bayern den Aufbruch in die Neuzeit. „BMW-Motorräder hatten damals den Ruf, altbacken zu sein, die R 80 G/S mit pfiffiger Einarm-Schwinge aber kauften plötzlich auch Leute unter 30“, sagt Weis. Und „Gelände hin oder her“, die G/S sei vor allem ein sehr gut zu fahrendes Straßenmotorrad gewesen. „Und das war schon immer die Kernkompetenz, die eine Reise-Enduro auf dem deutschen Markt haben muss“. Heute ist auch sie ein Klassiker.

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