Internet im Auto: Info-Zentrale und Portemonnaie

Berlin (dpa/tmn) - Internet im Auto - kein Problem, nachdem das Netz auch Handys, Spielekonsolen und Kühlschränke erobert hat? Ganz so einfach ist es nicht. Dennoch ist das vernetzte Auto einer der wichtigsten Trends - und der eigene Wagen kann sogar zur Kreditkarte werden.

Das Internet erobert das Auto - schließlich hat es auch alles andere erobert. Das hört sich nach einer Binsenweisheit an, aber wie soll das Surfen am Steuer eigentlich aussehen? Es könnte so schön sein, einfach wie auf der Brücke des Raumschiffs Enterprise nur „Computer“ zu rufen - schon stehen alle denkbaren Informationen bereit und so gut wie alles lässt sich steuern. Zukunftsmusik, keine Frage. Dabei gehen die Visionen der Autobauer und Experten noch viel weiter. Fest steht: „Das vernetzte Fahrzeug ist für uns einer der zentralen Trends der nächsten Jahre“, sagt Autoexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management.

Vor allem jüngere Menschen dürften ihr Smartphone ohnehin auch im Auto dabeihaben, sie prüfen ihre E-Mails und bekommen Meldungen von sozialen Netzwerken wie Facebook. Diese Funktionen eins zu eins auf Geräte im Auto zu übertragen, genügt daher kaum. „Die Multimediageräte entwickeln sich so schnell, dass kein Autobauer mitkommt“, warnt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Die Lösung: Das Auto bietet eine Schnittstelle für all die Smartphones oder Tablet-Computer, und man nimmt sein Gerät einfach mit ins Auto. Das sei der „Weg der Zukunft“, sagt Helmut Schmaler, Test- und Technikexperte des ADAC.

Zwar ist das Internet schon im Auto angekommen, vor allem in den Wagen der oberen Mittel- und Oberklasse. Dort besorgt es beispielsweise Informationen zum Verkehr. Aber eigentlich geht es um viel mehr: Die Vision des unfallfreien Fahrens oder sogar des Autos ohne Fahrer seien keine Utopien mehr, sagt Bratzel. Immer mehr gehe es um die Vernetzung des Autos mit der Außen- und der Internetwelt. „Wir gehen in Richtung teilautonomes Fahren und testen autonomes Fahren“, erklärt Dudenhöffer. Dabei ist entscheidend, zu wissen, was auf der Straße los ist - ist sie vereist, beginnt ein Stau hinter einer Kurve, bremst das Auto automatisch ab, wenn ein Kind auf die Fahrbahn läuft?

„Die Kommunikation mit anderen Fahrzeugen - das sind die wirklich spannenden Themen“, betont Dudenhöffer. „Multimedia-Anwendungen - für die Kids auf der Rückbank - Film, Musik-Daten und ähnliches mehr sind ja kein Problem.“ Da seien Smartphone und Tablet-PC die Trendsetter, zunehmend auch bei der Navigation.

Den „ganz großen Nutzen“ sehe er in den bisherigen Internetanwendungen fürs Auto noch nicht, sagt Schmaler vom ADAC. Vor allem sollte nicht der Fahrer im Netz surfen: „Da sträuben sich mir die Nackenhaare, die Ablenkung ist viel zu hoch bei den heutigen Verkehrsverhältnissen.“ Und die Spracheingabe? „Von dem Punkt, dass das Gerät mich wirklich versteht, sind wir noch weit weg.“ Bratzel betonte, die Herausforderung werde darin bestehen, die Informationen nur dann zur Verfügung zu stellen, wenn sie relevant sind - „und das in einer angemessenen Form“. Denn „wir brauchen weder den Krieg der Tasten noch die Pieps-Sinfonie“, meint Dudenhöffer.

Seine Stärke im Auto voll ausspielen soll das Netz bald beispielsweise im Verkehrssystem von Großstädten. Laut Dudenhöffer steht das Auto meist vor der Tür und wird kaum genutzt. Künftig sollten Fahrer ihr Elektroauto an einer Station abholen und an einer beliebigen anderen Stelle wieder abgeben können. „Nicht der Besitz ist das Wesentliche, sondern die Nutzung“, erklärt er. Das will die Stadt Paris testen - dort werde es von Ende 2011 an 3000 Elektroautos geben, die jeder nutzen könne: „Neben Metro, Bus und Velo das Mietauto. Das zu suchen, finden, mieten, stehen lassen, abzurechnen wird Internet spannend machen.“ Dagegen seien Musikdownloads oder die Banküberweisung beim Autofahrern „mehr Gimmick“.

Was dem Internet den Weg ins Auto ebnet, ist nach Bratzels Meinung vor allem der Trend zur Elektromobilität. Und das nicht nur wegen der Suche nach der nächsten Stromtankstelle: Weil die Reichweite der Elektroautos noch lange ein Problem sein werde, gehe es um die Echtzeitberechnung der verbliebenen Reichweite, das Reservieren freier Plätze an den Stromtankstellen und die Vernetzung mit Bus und Bahn. Elektronikkonzerne wie Harman drängen ebenfalls ins Geschäft und wollen etwa die leisen E-Fahrzeuge zur Verkehrssicherheit mit Motorgeräuschen aus der Konserve versorgen.

Doch die Einsatzmöglichkeiten sind wesentlich vielfältiger: Ein zur Computermesse Cebit vorgestelltes neues System eines Münchner Unternehmens will das Auto gleichsam in eine Kreditkarte verwandeln. Dazu kommt ein Funkaufkleber an die Windschutzscheibe. Mit dessen Hilfe kann der Fahrer beispielsweise im Parkhaus automatisch bezahlen, ohne zum Kassenautomaten zu gehen. Die Parkgebühr wird dann beim Ausfahren einfach abgebucht. Genauso könnte es beim Tanken funktionieren.

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