Frühlingserwachen in Genf: Die Stars des Autosalons

Genf/Duisburg (dpa/tmn) - Delhi, Detroit, Genf: Nach den beiden Messen in Asien und Amerika beginnt mit dem Branchengipfel in der Schweiz bald auch in Europa das neue Autojahr. Einmal mehr werden die Autohersteller dort den Spagat zwischen Vernunft und Vergnügen wagen.

Die erste große Sause haben die Autobauer hinter sich: Beim der Motorshow in Detroit konnten sie im Januar Rekordzahlen verkünden und eine große PS-Party feiern. Auf dem Autosalon in Genf (8. bis 18. März) werden sie dagegen mit einer deutlich schlechteren Stimmung zu kämpfen haben: „Die Konjunktur hat sich in Europa spürbar abgekühlt, und die Zahl der Neuzulassungen dürfte in vielen Ländern zurückgehen“, prognostiziert Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen.

Mit einer großen Modelloffensive werden sich die Hersteller deshalb in den Palexpo-Messehallen am Lac Léman um gute Stimmung zum Start in den Autofrühling bemühen. Dabei wagen sie einmal mehr den Spagat zwischen Vernunft und Vergnügen - mit vielen neuen Kleinwagen und Mittelklassemodellen sowie mit Luxus- und Sportwagen. Daneben dürfen sich Besucher auf Showcars und Designstudien freuen.

Den Ton angeben wird in Genf womöglich wieder die „New Small Family“ aus dem VW-Konzern. Nachdem der Kleinwagen auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt nur als dreitüriger VW Up zu sehen war, steht er nach Konzernangaben in Genf mit fünf Türen - auch als Seat Mii und als Skoda Citigo. Das Facelift für das Kleinstwagentrio Toyota Aygo, Citroën C1 und Peugeot 107 wird voraussichtlich weniger Aufmerksamkeit bekommen.

In der Fahrzeugklasse darüber spielt die Musik vor allem auf dem Peugeot-Stand: Die Franzosen schicken den 207 in den Ruhestand und fahren künftig mit dem 208 gegen VW Polo und andere. Bemerkenswert an dem Auto sind weniger das sportliche Design oder die sparsamen Motoren, sondern die neue Positionierung: Werden Fahrzeuge beim Generationswechsel üblicherweise größer, rudert Peugeot zurück und kürzt den 207-Nachfolger um sieben Zentimeter.

Ebenfalls in neuer Form präsentiert Mercedes in Genf die A-Klasse. Die dritte Generation des Baby-Benz wird laut dem Designchef Gordon Wagner deutlich jugendlicher und sportlicher, dafür büßt sie unter anderem das hohe Dach ein. Der neue Stern in der Kompaktklasse wird aber nicht der einzige Messe-Star in diesem Segment sein: Audi zeigt die nächste A3-Generation, nach Informationen aus Unternehmenskreisen zunächst nur als Dreitürer. Den A3 als Sportback mit fünf Türen und erstmals als kleine Limousine will Audi etwas später nachreichen.

Weitere Neuzugänge in der Kompaktklasse sind die zweite Generation des Kia Cee'd und der Volvo V40. Diesen Fünftürer wollen die Schweden als praktischen Ableger des Coupés C30 mit mehr Platz im Innenraum und im Gepäckabteil auf den Markt bringen.

Die wichtigsten Messeneuheiten sind gewiss in den Volumensegmenten zu finden, doch auch in den Nischen herrscht Bewegung: Opel etwa will mit dem Mokka als erster deutscher Hersteller ein Mini-SUV anbieten. Der kleine Geländewagen auf Basis des Corsa soll nach der Premiere in Genf ab Herbst erhältlich sein. Ford zeigt die Europaversion des neuen Kuga und enthüllt ein Jahr nach dem Debüt der Studie die Serienfassung des B-Max. Mit Schiebetür und ohne B-Säule soll der kleine Van gegen Autos wie den Opel Meriva antreten. Viel größer, aber voraussichtlich nicht einmal halb so teuer wird der Dacia Lodgy, der als erster Van der rumänischen Renault-Tochter mit bis zu sieben Sitzen an den Start geht.

Obwohl man in der Schweiz höchstens 120 km/h fahren darf und das Wetter auch nicht besser ist als in Deutschland, stehen auf dem Salon traditionell Sportwagen und Cabrios im Rampenlicht. Über ein neues Ferrari-Flaggschiff gibt es bisher nur Gerüchte. Amtlich ist, dass Porsche den nächsten Boxster präsentiert. Außerdem wird es von BMW den Nachfolger des M6 sowie die ersten M-Modelle mit Diesel geben. Nur drei Monate nach der Premiere des neuen Mercedes SL stellt der Werkstuner AMG die Sportversion des Roadsters vor.

Dass ausgerechnet die Automesse in der vergleichsweise kleinen Schweiz so eine große Bedeutung hat, liegt für Nick Margetts vom Marktbeobachter Jato Dynamics zum einen am neutralen Terrain: „In einem Land ohne eigene Automobilindustrie begegnen sich europäische, asiatische und amerikanische Hersteller auf Augenhöhe. Das erlaubt einen Branchenüberblick fast ohne regionale Verzerrungen.“ Noch wichtiger jedoch ist der günstige Termin. „In Genf beginnt der Autofrühling“, sagt Margetts. Das sei die Zeit, in der die meisten Kaufentscheidungen getroffen werden: „Wer auf dem Autosalon keinen guten Auftritt hat, wird das den Rest des Jahres womöglich bereuen.“

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