Die IAA als Olympiade der Messebauer

Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Schön, richtungsweisend und umweltfreundlich - das streben die Autobauer nicht nur für ihre Fahrzeuge an. Auch mit den Messeständen liefern sich die Aussteller bei der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt ein Wettrennen.

Auf dem Frankfurter Messegelände ist schon seit Wochen die Hölle los: Wie überdimensionale Ameisen eilen Hundertschaften von Gabelstaplern umher, es gibt Dutzende von Kränen, und an jeder Ecke wird geschraubt, gebohrt oder gehämmert. Viele tausend Handwerker sind zum Teil wochenlang im Einsatz, bevor die 64. Internationale Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt (15. bis 25. September) eröffnet wird. Doch es braucht eben seine Zeit, um die großen Bühnen fürs PS-Theater zu installieren.

Vergilbte Schwarz-Weiß-Fotos von den ersten Auflagen der IAA zeigen noch schlichte Stände, auf denen ein paar Blumenkübel der einzige Schmuck waren. Heute dagegen ist die Automobilausstellung längst zur Olympiade der Messebauer geworden: Ganze Armeen von Architekten, Statikern und Schreinern zimmern mit millionenschweren Budgets riesige Markenburgen mit zum Teil drei oder vier Etagen, die eigentlich nur einem Zweck dienen: dem schönen Schein.

Vor zwei Jahren bei der letzten Messe hatte BMW die Nase vorn. Die Bayern hatten auf ihrem neuen Stand in Halle 11 erstmals eine reale Teststrecke integriert. Diesmal treibt offenbar Audi den größten Aufwand. Die VW-Tochter installiert auf der Freifläche „Agora“ für die knapp zwei Messewochen eine eigene Halle. Sie ist 100 Meter lang, 70 Meter breit und 12 Meter hoch, umschließt eine Ausstellungsfläche von 6000 Quadratmetern und bietet Platz für über 30 Fahrzeuge. „Das macht sie zur größten Messepräsenz in der Geschichte von Audi“, sagt Pressesprecher Moritz Drechsel.

Der Clou der Ingolstädter Bühne ist eine Art überdimensionaler Carrera-Bahn. Denn mitten durch den Stand wird sich laut Drechsel über mehrere Etagen eine rund 400 Meter lange Fahrspur winden, die von bis zu neun Autos gleichzeitig genutzt werden kann. „Die auch von außerhalb der Halle einsehbare Strecke ermöglicht Besuchern, viele Fahrzeuge live zu erleben - vom Serienmodell über unsere Sport- und Rennwagen bis hin zum Showcar“, erklärt Drechsel.

Welchen gewaltigen Aufwand man innerhalb einer bestehenden Halle treiben kann, belegt Mercedes mit dem Umbau der Festhalle. Dort installieren die Schwaben nach Angaben von Pressesprecher Koert Groeneveld binnen 70 Tagen fast 800 Tonnen Stahl und schaffen damit eine Bühne für rund 100 Fahrzeuge.

Das größte Einzelteil der Mercedes-Installation ist eine Rolltreppe mit 13 Metern Austrittshöhe, über die die drei Ausstellungsebenen mit zusammen fast 12 000 Quadratmetern Fläche verbunden werden. Am Standbau sind bei Planung und Ausführung fast 1500 Menschen beteiligt, berichtet Groeneveld. Zwar werden es nach dem letzten Hammerschlag deutlich weniger. Aber Mercedes rechnet mit rund eine Million Gäste. Deshalb haben die Schwaben bereits 400 Standbetreuer ausgebildet, die jeden Besucher mit Prospekten und Werbemitteln versorgen sollen.

Bald ziehen die Messebauer die letzten Schrauben fest, Parkett und Teppich werden verlegt und die Maler bessern schnell noch ein paar Lackschäden aus. Unterdessen läuft in den Hotels und Hallen rund um die IAA eine ganz spezielle Casting-Show auf Hochtouren: Hunderte von Hostessen werden ausgewählt, die während der Messe den Standdienst absolvieren. Speziell eingekleidet und zu den Produkten geschult, sollen sie den Gästen einen freundlichen Empfang bereiten. Und vor allem gefallen.

Und auch sie bringen Informationsmaterial unters Volk. So hat zum Beispiel allein Renault rund 50 000 Broschüren für die Messe eingeplant, sagt Pressesprecher Thomas May-Englert. Dazu gibt es noch einmal 30 000 Prospekte für die Schwestermarke Dacia und als kleine Aufmerksamkeit etwa 100 000 Präsente. Vom Catering gar nicht zu reden. Denn überall in Frankfurt werden während dieser Tage für die IAA tausende Kanapees zubereitet, Schnittchen geschmiert und Cocktails gerührt. Große Firmen wie VW oder Mercedes haben nach eigenen Angaben über den Zeitraum der Messe komplette Küchenbrigaden engagiert, die hinter den Kulissen stundenlang kochen.

Zwar sind die meisten Messestände Maßarbeit und eigens für die IAA entworfen. Doch dieselbe Effizienz, die viele Ausstellungsfahrzeuge beim Benzinverbrauch an den Tag legen, streben die Messebauer auch beim Materialeinsatz an. „Mehr als zwei Drittel unseres Standes können wiederverwendet werden“, sagt zum Beispiel Ford-Sprecher Hartwig Petersen. Die riesigen Kisten und Container, die rund um die Messehallen, in den Obergeschossen und auf den Parkplätzen lagern, stehen dort deshalb nicht umsonst. Schließlich ist acht Wochen nach der IAA schon wieder Motorshow in Tokio - und viele Stände haben dort gleich den nächsten Einsatz.

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