Deutsche bauen Autos nach US-Maß

Detroit (dpa) - Andere Länder, andere Autos: Die US-Amerikaner mögen es gerne etwas größer. Nur viel kosten dürfen die Riesenschlitten nicht. Die deutschen Hersteller richten sich darauf ein - mit extra Modellen und Werken vor Ort.

Ein VW Passat für 15 500 Euro Euro - was in den Ohren deutscher Autokäufer wie ein Märchen klingt, ist für US-Kunden nun Realität. Der Wolfsburger Autobauer hat auf Basis des heimischen Erfolgsmodells ein spezielles Fahrzeug für den nordamerikanischen Markt auf die Räder gestellt. Etwas abgespeckter in der Ausstattung, aber größer in den Ausmaßen. Wie der europäische Bruder heißt die Mittelklasse-Limousine Passat. Sie soll vor allem die japanische Konkurrenz das Fürchten leeren.

Die Deutschen wollen die Japaner so mit ihren eigenen Waffen schlagen: Günstige Autos, in ordentlicher Qualität, vor Ort produziert und genau auf die Bedürfnisse der US-Kundschaft zugeschnitten. Mit diesen im Grunde simplen Tricks und Kniffen haben es Toyota und Co. in den vergangenen Jahrzehnten geschafft, sich in den vorderen Ränge der US-Verkaufsstatistiken festzusetzen. Die Asiaten beherrschen heute fast die Hälfte des Marktes.

Im vergangenen Jahr haben alle Hersteller in den Vereinigten Staaten zusammen 11,6 Millionen Autos verkauft. Der VW-Konzern als größter deutscher Autohersteller hatte daran gerade mal einen Anteil von 3 Prozent. Mit dem neuen Passat und dem runderneuerten, kleineren Jetta (den gibt es schon ab 16 000 Dollar oder rund 12 300 Euro) wollen die Wolfsburger diesen Anteil deutlich vergrößern.

Aus den zuletzt 257 000 Autos sollen in acht Jahren satte 800 000 werden. Noch Anfang diesen Jahres soll das neue, für eine Milliarde Dollar aus dem Boden gestampfte VW-Werk in Chattanooga im US-Bundesstaat Tennessee die Arbeit aufnehmen. Hier rollt der neue Passat vom Band. Den Jetta fertigt VW im nahen Mexiko. Probleme, in Amerika das beste Material zu bekommen, fürchtet Konzernchef Martin Winterkorn nicht: „Die Zulieferer sind besser als ihr Ruf.“

Den Weg, den die Wolfsburger gerade beschreiten, sind die deutschen Premiumhersteller längst gegangen. Sowohl Mercedes als auch BMW haben ein Werk in den USA. Hier laufen vor allem die in den USA so begehrten Geländewagen vom Band und werden dann in alle Welt verschifft - auch nach Deutschland.

Auch für die Dickschiffe von BMW sind die Vereinigten Staaten ein entscheidender Markt. Vom X5 schlugen die Bayern im vergangenen Jahr in Übersee fast 35 800 los, von dem noch wuchtiger wirkenden X6 waren es immerhin 6300.

Opel hingegen ist der vielversprechende US-Markt seit jeher versperrt. Die US-Mutter General Motors (GM) will einen Markenkannibalismus im eigenen Haus vermeiden und sieht in der deutschen Tochter eher eine europäische Regionalmarke, die den Konzernverbund mit deutscher Ingenieurskunst versorgt - siehe das Elektroauto Chevrolet Volt.

Doch Opel liefert seit einigen Monaten auch wieder Autos in die USA, allerdings unter Pseudonym: Der Opel Insignia wird dort als Buick Regal verkauft. Dass die deutsche Tochter des US-Riesen in absehbarer Zeit auch unter eigenem Markennamen im Land des Mutterkonzerns zum Mitspieler wird, ist trotzdem unwahrscheinlich - zumal GM im Überlebenskampf gerade erst mehrere Marken eingestampft hat.

Opel-Chef Nick Reilly weiß, dass das Thema in Detroit tabu ist: „Für uns gibt es viel bessere Möglichkeiten als die USA, wo GM gerade einen Neustart hinlegt.“ Dabei denkt er vor allem an China und Australien sowie besonders an Russland. Reilly ist überzeugt, dass die Russen ähnlich wie die Amerikaner nur für eine Marke gewonnen werden, wenn die Autos direkt im Land hergestellt werden. Und während alle Welt nach China und in die USA strebt, will Opel Vorreiter in Russland sein: „Wir planen, Opels für den russischen Markt in Russland zu bauen.“

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