Auf großen Gummis: Mountainbikes als Twentyniner

München (dpa/tmn) - Ein Trend aus den USA überrollt den Mountainbike-Markt: Statt mit gewohnten 26-Zoll-Reifen sind inzwischen viele Geländefahrräder mit größeren Pneus ausgestattet. Die sogenannten Twentyniner bieten mehr Fahrkomfort, sind aber auch schwerer und teurer.

Mit Blick auf die Felgen gab es bislang eine klare Trennung zwischen Mountainbikes und anderen gängigen Radtypen wie Trekking- oder Tourenbikes: Letztere rollen in der Regel auf 28 Zoll großen Reifen, die Geländeräder dagegen auf kleineren 26-Zöllern. Sogenannte Twentyniner aus den USA weichen diesen Unterschied zunehmend auf: Damit sind auch Mountainbiker auf großen Gummis unterwegs.

Der Name Twentyniner ist vom englischen Wort für 29 abgeleitet und etwas irreführend: Die neuen Mountainbikes haben 28-Zoll-Räder und keine 29er. Zusammen mit den dickeren Mountainbike-Reifen kommen sie allerdings tatsächlich auf eine Radgröße von knapp 29 Zoll - daher der Name. „Die Fahreigenschaften von Twentyninern sind in vielen Punkten besser als die kleinerer Mountainbikes“, erklärt Oliver Kreipe, Mountainbike-Guide beim Deutschen Alpenverein. Über kleine Hindernisse rollen Twentyniner einfach hinweg. „Für den Fahrer fühlt sich das an wie eine zusätzliche Federung“, sagt Kreipe. Außerdem seien Bodenhaftung und Fahrstabilität bei hohem Tempo besser.

Sind Twentyniner also die besseren Mountainbikes? Nicht unbedingt, betont Martin Nettersheim, Vorsitzender vom Mountainbike Verband Deutschland (MTBvD). „Twentyniner können vor allem auf langen Fahrten in nicht allzu anspruchsvollem Gelände ihre Stärken ausspielen.“ Dort mache sich der zusätzliche Fahrkomfort deutlich bemerkbar. Auf engen, kurvigen Strecken seien dagegen die wendigeren 26er-Modelle überlegen. „Wegen ihrer großen Räder sind Twentyniner meist auch schwerer“, erläutert Nettersheim. „Das macht sich vor allem beim Beschleunigen bemerkbar.“ Die größeren Mountainbikes können dafür eine etwas höhere Geschwindigkeit erreichen.

Für Mountainbiker Kreipe überwiegen die Vorteile der Twentyniner. Er hat seine 26er-Räder inzwischen alle verkauft und fährt konsequent auf den größeren Modellen. Dafür gibt es einen weiteren Grund: Kreipe ist knapp 1,90 Meter groß und fühlt sich allein schon deshalb auf den 29ern wohler. Für deutlich kleinere Fahrer können Twentyniner zu groß ausfallen. „Ab 1,70 Meter müssten die meisten jedoch gut damit zurechtkommen“, so Kreipe.

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) empfiehlt, sich in jedem Fall vor dem Kauf in einem Fachgeschäft beraten zu lassen und möglichst eine Probefahrt zu machen. Dabei unbedingt auch auf die Rahmengröße achten, denn: „Die falsche Größe mindert nicht nur den Fahrkomfort, sie ist auch ein Sicherheitsrisiko“, erläutert DVR-Sprecher Sven Rademacher. „Vor allem ein zu großes Fahrrad verringert die Fahrstabilität.“

Der Umstieg von einem anderen Radtyp auf ein Twentyniner fällt meist leichter als auf ein Mountainbike mit 26er Reifen, gibt Nettersheim zu bedenken. Das gelte insbesondere für Radler, die von Touren- und Trekkingbikes umsatteln: Für sie seien die Proportionen der Räder weniger ungewohnt. Einsteigerbikes seien Twentyniner eher nicht, betont Thomas Danz vom Pressedienst Fahrrad (pd-f): „Dafür ist der Preis schlicht zu hoch.“

Nach Angaben des MTBvD kosten Twentyniner im Vergleich zu 26er Mountainbikes mindestens 10 bis 20 Prozent mehr. Grund dafür sei unter anderem der höhere Materialaufwand, aber auch die neue Technik, mit der die Hersteller die vergleichsweise neuen Räder ausrüsten. Ein gut ausgestattetes Twentyniner aus Aluminium schlägt dem Verband zufolge mit mindestens 1200 Euro zu Buche. Ein leichteres Rad mit Karbonrahmen sei nicht unter 2000 Euro zu bekommen.

Die Auswahl an Twentyninern wächst stetig: „2012 wird kein Hersteller mehr ohne ein solches Modell auskommen“, schätzt Thomas Danz. Alle großen Marken hätten schon jetzt entsprechende Räder im Programm. Und im Gegensatz zu älteren Modellen sehen diese auch aus wie „echte“ Mountainbikes, sagt Oliver Kreipe: „Früher waren Twentyniner eher Trekkingräder mit Mountainbikereifen.“ Inzwischen hätten die Entwickler die Rahmen und die Technik wie Bremsen, Federung und Gangschaltung an die neuen, großen Räder angepasst.

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